Ringen um die Koalition Wer im Groko-Poker welche Karten spielt

Berlin · Die SPD hat neue Chefs, das Bündnis mit der Union wackelt. Wie es jetzt weitergeht, hängt nicht nur vom Parteitag der Genossen ab.

Wer pokert höher, wer gewinnt? Das Groko-Spiel zwischen Union und SPD wird es in den kommenden Tagen zeigen.

Wer pokert höher, wer gewinnt? Das Groko-Spiel zwischen Union und SPD wird es in den kommenden Tagen zeigen.

Foto: istock/istock, Lorenz

Nach dem SPD-Mitgliederentscheid über das neue Vorsitzenden-Duo ist der Fortbestand der großen Koalition akut gefährdet. Auf dem SPD-Parteitag, der am kommenden Freitag beginnt, könnten die Delegierten die Weichen für das Ende des Bündnisses stellen. Wer sind jetzt bei Union und SPD die Schlüsselfiguren im Groko-Poker und welche Ziele verfolgen sie?

Angela Merkel: Die CDU-Kanzlerin hatte im Bundestag klargestellt, sie wolle die Groko weiterführen. „Ich bin dabei“, rief sie. Merkel will ihre Kanzlerschaft würdig zu Ende bringen; sie hat weder Interesse an einer anstrengenden Minderheitsregierung mit wechselnden Mehrheiten noch an vorgezogenen Neuwahlen. Auch, weil Deutschland kommendes Jahr die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt. Dann will Merkel unbedingt im Amt sein. Scheitert die Koalition, ist ihr politisches Ende ganz nah.

Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans: Können die Neuen an der SPD-Spitze das Regierungsbündnis platzen lassen? Entscheidend dafür ist ein Antrag für den Parteitag in Berlin. Mit ihm sollen neue Aufgaben für die Fortsetzung von Schwarz-Rot formuliert werden. Falls darin auch die Forderung nach staatlichen Investitionen von 45 Milliarden Euro pro Jahr steht, wäre die Schuldenbremse ausgehebelt. Das lehnt die Union kategorisch ab. Moderate Forderungen wären hingegen eine Lebenshilfe für die Groko.

Annegret Kramp-Karrenbauer: Das Aus der Groko könnte dafür sorgen, dass die CDU-Vorsitzende ihren Hut als Kanzlerkandidatin schneller in den Ring werfen muss als gedacht. Aber: Das wäre kein Selbstläufer, Gegner wie Friedrich Merz lauern weiter. Im Groko-Poker muss AKK nun beweisen, dass sie sich von den Genossen nicht über den Tisch ziehen lässt. Von ihr wird vor allem Standfestigkeit erwartet. Der Saarländerin bietet sich jetzt die Chance, endlich wieder in der eigenen Partei an Profil zu gewinnen.

Kevin Kühnert: „Am Nikolaus ist Groko-Aus“, hatten die Jusos schon frohlockt. Die Mehrheit des Parteinachwuchses zählt zu den glühenden Unterstützern von Esken und Walter-Borjans. Zum Dank könnte Juso-Chef Kühnert in die enge Parteiführung aufrücken. Für einen der drei Stellvertreterposten hat er sich bereits positioniert. Spekuliert wird auch über den Job des Generalsekretärs. Der parteiinterne Einfluss von Kühnert steigt jetzt auf jeden Fall. Für den Erhalt der Groko ist das keine gute Nachricht.

Olaf Scholz: So mancher hatte schon befürchtet, Scholz könnte nach seiner Wahlniederlage als Duo-Partner für Klara Geywitz die Brocken als Vizekanzler und Bundesfinanzminister hinschmeißen. Allerdings hat der Hanseat politisches Pflichtgefühl. So ist Scholz einstweilen zwar abgetaucht. Es wird aber damit gerechnet, dass er seine Regierungsposten vorerst weiterführt. Scholz kommt eine zentrale Rolle beim weiteren Schicksal der Groko zu: Er ist das Gegengewicht zu jenen Parteikräften, die „Schwarz-Rot“ am liebsten gleich aufkündigen würden.

Ralph Brinkhaus: Der Unions-Fraktionschef ist jetzt mit der wichtigste Strippenzieher auf der Seite der C-Parteien. Was auch immer Kramp-Karrenbauer und die Kanzlerin mit dem neuen SPD-Duo vereinbaren sollten, die Fraktion muss es am Ende mittragen. Dafür hat Brinkhaus zu sorgen. Oder aber er sucht den offenen Konflikt mit dem Kanzleramt und der Vorsitzenden. Die Bereitschaft zu weiteren Zugeständnissen an die Genossen ist bei den Bundestagsabgeordneten jedenfalls kaum noch vorhanden.

Hubertus Heil: Einigermaßen überraschend hatte zuletzt auch der Bundesarbeitsminister sein Interesse für einen SPD-Vizeposten angemeldet – mit der klaren Absicht, damit das Lager der Groko-Anhänger zu stärken. Heil kann dabei mit der Grundrente wuchern, die er nach langem Streit mit der Union ausgehandelt hat. Sein Aufstieg in der Partei könnte aber am Proporz im obersten Machtzirkel scheitern. Heil ist Niedersachse. Genau wie der SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil, der gerne weitermachen will.

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