Folgen des Astrazeneca-Impfstopps Erste Impfung bekommen – was nun?

Düsseldorf/Berlin/Saarbrücken · Hunderttausende haben erst eine Dosis des Astrazeneca-Vakzins erhalten. Die Zweitimpfung mit einem anderen Impfstoff wird in Großbritannien bereits untersucht.

 Vorerst wird der Astrazeneca-Impfstoff in Deutschland und anderen europäischen Ländern nicht verabreicht. Wird es für die 1,7 Millionen bundesweit Geimpften eine Zweitimpfung mit dem Vakzin geben?

Vorerst wird der Astrazeneca-Impfstoff in Deutschland und anderen europäischen Ländern nicht verabreicht. Wird es für die 1,7 Millionen bundesweit Geimpften eine Zweitimpfung mit dem Vakzin geben?

Foto: AP/Alessandra Tarantino

Der Impfstopp für Astrazeneca verunsichert die Menschen. Bundesweit wurden Zehntausende Termine abgesagt. Nun stellen sich viele Fragen.

War es eine richtige Entscheidung, den Astrazeneca-Impfstoff auszusetzen vor dem Hintergrund der ohnehin schleppenden Impfkampagne?

Nach Ansicht des Saarbrücker Internisten Professor Dr. Daniel Grandt hätte eine Fortsetzung der Impfungen mit Astrazeneca – parallel zur Prüfung, ob der Impfstoffs für die beobachteten Hirnvenenthrombosefälle verantwortlich ist – die Impfskepsis in der Bevölkerung verstärken können. „Das vorsorgliche Pausieren des Einsatzes des Vakzins macht deutlich, dass die Überwachung von Risiken zugelassener Arzneimitteln in Deutschland und Europa funktioniert“, sagte der Chefarzt der Inneren Medizin I auf dem Saarbrücker Winterberg gegenüber der SZ. Möglichst viele Menschen möglichst rasch durch Impfung vor Covid zu schützen, setze Impfbereitschaft in der Bevölkerung voraus. Das dazu erforderliche Vertrauen in die Impfstoffe könne nur durch Transparenz bezüglich möglicher Risiken und seriöse Untersuchung von Verdachtsfällen erreicht werden. Grundsätzlich betont der Experte für Patientensicherheit, dass der Astrazeneca-Impfstoff genausoso wirksam wie die Vakzine von Biontech-Pfizer und Moderna gegen schwere Verläufe von Covid schütze.

Wann ist mit einer Fortsetzung der Impfungen mit Astrazeneca zu rechnen?

Am Donnerstag wollen sich Experten der Europäischen Arzneimittelagentur (Ema) äußern, am Freitag beraten Bund und Länder. Die Städte werten den Stopp der Impfkampagne als herben Rückschlag und setzen auf eine baldige Fortsetzung.

Was gilt für Menschen, die erst eine Dosis bekommen haben?

Bundesweit haben bislang 1,7 Millionen Menschen eine erste Dosis von Astrazeneca erhalten. Die wenigsten von ihnen haben bereits die erforderliche zweite Spritze bekommen, die nach aktuellem Stand nach zwölf Wochen gegeben werden soll. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte schon am Montag betont, dass der Impfstoff womöglich wieder freigegeben werde. Im Saarland sind die ersten Zweitimpfungen ab dem 15. April terminiert.

Kann man auf anderen Impfstoff umsteigen?

Es gibt noch keine Studien zu der Frage, ob die zweite Impfung auch mit einem anderen Mittel erfolgen kann. „Klinische Studien, die die Kombination von Erst- und Zweitimpfung mit zwei verschiedenen zugelassenen Impfstoffprodukten untersuchen, haben begonnen bzw. sind konzipiert“, hatte unlängst Klaus Cichutek, Chef des Paul-Ehrlich-Institutes (PEI), gesagt. In Großbritannien würden bereits Kombinationen des Astrazeneca-Impfstoffs mit dem von Biontech-Pfizer geprüft. Auch Thomas Mertens, Chef der Ständigen Impfkommission, hatte gewarnt: „Im Moment sollten auf keinen Fall zwei verschiedene Impfstoffe kombiniert werden, dazu haben wir noch überhaupt keine Daten.“

Kann man auch mit einer Dosis auskommen?

Auch eine Dosis bietet bereits einen gewissen Schutz vor einer Covid-Infektion. Allerdings warnen Experten davor, es bei einer Impfung zu belassen. Als es um die Frage ging, ob man durch Streckung der Abstände die Lieferengpässe überwinden kann, hatte etwa Impfforscher Florian Krammer gewarnt: Nach der ersten Impfung sei die Zahl der neutralisierenden Antikörper noch gering, so dass es zu asymptomatischen Infektionen kommen könne. In solchen Fällen sei die Entstehung mutierter Virusvarianten möglich, die resistenter gegen eine Impfung sind.

Was passiert jetzt mit den geplanten
Hausarzt-Impfungen?
Astrazeneca ist als Impfstoff so wichtig, weil er bei Kühlschranktemperaturen gelagert werden kann und deshalb für den Einsatz in Praxen und Unternehmen geeignet ist. Ein Impfgipfel von Bund und Ländern, bei dem es am Mittwochabend um die Einbindung der Praxen gehen sollte, wurde wegen der ausstehenden Entscheidung zu Astrazeneca abgesagt. Auch das Modellprojekt bei saarländischen Hausärzten mit 800 Impfdosen pro Woche wurde vorläufig gestoppt.

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