Lieferungen ab 2026 geplant Was hinter dem Gas-Deal mit Katar steckt

Berlin · Deutschland braucht dringend Gas, um die ausbleibenden Lieferungen aus Russland zu ersetzen. Katar will mit Flüssiggas einspringen. Kurzfristig wird der Deal die Lage in Deutschland aber nicht entspannen. Was soll der Deal also bringen? Und welche Risiken sehen Kritiker?

ARCHIV - 30.08.2022, Schleswig-Holstein, Brunsbüttel: Löscharme und eine Pipeline sind an einem Terminal zum Entladen von Öl und Gas im Elbehafen zu sehen. An diesem Standort soll ein schwimmendes Terminal zum Entladen von LNG gebaut werden (Aufnahme mit Drohne). Der Energieriese Qatar Energy hat laut Katars Energieminister Saad Scharida al-Kaabi Abkommen über Flüssiggaslieferungen nach Deutschland geschlossen. Das Gas solle an das US-Unternehmen Conoco Phillips verkauft werden, das es weiter nach Brunsbüttel liefere, sagte der Minister am Dienstag in der katarischen Hauptstadt Doha. (zu dpa "Katar gibt Abkommen über Gaslieferungen nach Deutschland bekannt") Foto: Daniel Reinhardt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

ARCHIV - 30.08.2022, Schleswig-Holstein, Brunsbüttel: Löscharme und eine Pipeline sind an einem Terminal zum Entladen von Öl und Gas im Elbehafen zu sehen. An diesem Standort soll ein schwimmendes Terminal zum Entladen von LNG gebaut werden (Aufnahme mit Drohne). Der Energieriese Qatar Energy hat laut Katars Energieminister Saad Scharida al-Kaabi Abkommen über Flüssiggaslieferungen nach Deutschland geschlossen. Das Gas solle an das US-Unternehmen Conoco Phillips verkauft werden, das es weiter nach Brunsbüttel liefere, sagte der Minister am Dienstag in der katarischen Hauptstadt Doha. (zu dpa "Katar gibt Abkommen über Gaslieferungen nach Deutschland bekannt") Foto: Daniel Reinhardt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Foto: dpa/Daniel Reinhardt

Mit Hilfe von verflüssigtem Erdgas (LNG) will Deutschland unabhängig von russischen Gasimporten werden. Hier die Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Deal mit dem umstrittenen Gaslieferanten Katar.

Was wurde vereinbart?

Katar will von 2026 an in größerem Umfang Flüssigerdgas nach Deutschland liefern. Die geplante Menge könnte etwa drei Prozent des deutschen Jahresbedarfs decken. Die Lieferungen sollen bis zu zwei Millionen Tonnen Flüssigerdgas (LNG) im Jahr umfassen und über mindestens 15 Jahre gehen.

Wer hat den Deal eingetütet?

Der Energieriese Qatar Energy hat das Abkommen am Dienstag mit dem US-Unternehmen Conoco Phillips unterzeichnet, das das Gas nach Brunsbüttel liefern soll, wo derzeit ein Flüssiggasterminal gebaut wird. Das Gas solle in Deutschland bei verschiedenen Käufern vermarktet werden, sagte der Chef von Conoco Phillips, Ryan Lance. Details waren zunächst unklar.

Hätte nicht früher geliefert werden sollen?

Nicht erfüllt haben sich bisher die deutschen Hoffnungen, früher Gaslieferungen aus Katar zu bekommen. So war von 2024 die Rede gewesen. Katar wolle die US-Flüssiggasanlage Golden Pass in Texas, an der Qatar Energy 70 Prozent halte, bereits 2024 so weit haben, nach Deutschland liefern zu können, sagte Katars Außenminister Mohammed bin Abdulrahman Al Thani im Mai dem „Handelsblatt“. Deutschland baut derzeit die Infrastruktur für die Lieferung von Flüssiggas in großem Umfang aus. In der aktuellen Krise hilft dieser Deal also nicht. Zudem sind Geschäfte mit dem Emirat, wo derzeit die Fußball-WM stattfindet, umstritten, weil dort Menschenrechte missachtet werden.

Welche Vorteile soll das Geschäft haben?

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) begrüßte das Abkommen mit Blick auf die Kompensation russischer Lieferungen, die infolge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine gestoppt wurden. „15 Jahre ist super“, sagte er. Es hätte auch längere Verträge geben können. Wegen der geplanten Klimaneutralität in Deutschland ab 2045 müssten die Mengen hinten heraus aber immer geringer werden. Für Deutschland tragen die Reisen von Habeck und Kanzler Olaf Scholz (SPD) nach Katar in diesem Jahr damit erste Früchte. Im Mai hatten beide Länder eine Energiepartnerschaft geschlossen. LNG spielt eine Schlüsselrolle bei den Bemühungen Deutschlands, die ausfallenden Gasmengen aus Russland zu ersetzen. Unternehmen wie RWE und Uniper sondieren dazu ebenfalls Möglichkeiten in Katar.

Wird der Gaspreis dadurch fallen?

Das ist derzeit nicht abzusehen. Aber: „Jedes zusätzliche Angebot erhöht die Versorgungssicherheit. Langfristige Lieferverträge stabilisieren das Gesamtsystem“, erklärte die Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Kerstin Andreae. „Insofern profitieren sowohl private als auch industrielle Gasverbraucher von neuen Langfristverträgen“, sagte sie.

Ist ein Engpass damit ausgeschlossen?

Nein, dazu ist die Menge zu gering. Dem Branchenverband Zukunft Gas zufolge entspricht die vereinbarte jährliche Menge rund 30 Terawattstunden und damit etwa drei Prozent des derzeitigen Verbrauchs in Deutschland. „Wir müssen aber knapp 500 Terawattstunden ersetzen, die bislang über russische Gaslieferungen gedeckt wurden“, sagte Vorstand Timm Kehler. Es gebe noch viel Arbeit, um die Versorgung langfristig zu sichern. Daran setzt die Union ihre Kritik an: „Das ist erstens sehr spät, löst keines der aktuellen Probleme und zweitens von der Menge so gering, dass es im Grund genommen gar nicht weiter auffällt“, sagte CDU-Chef Friedrich Merz am Dienstag.

Was bedeutet der Deal für die Klimaziele?

2045 soll Deutschland klimaneutral werden. Laut Wirtschaftsminister Habeck muss der Gasverbrauch spätestens ab 2040 sinken und andere Energieformen dominant werden. Die Klimaaktivistin Luisa Neubauer sieht das deutlich kritischer und verurteilte den Gas-Deal mit Katar. „Nachdem der eine mordende Autokrat aufgehört hat uns sein Gas zu liefern, macht die Regierung uns nun vom nächsten mordenden Autokraten abhängig. Es ist scheinbar die langfristige Energiestrategie der Regierung, die eigenen Werte, weltweite Menschenrechte, die Klimaziele sowie unsere jüngsten Erfahrungen mit fossilen Autokraten zu ignorieren, sobald ein pseudo-billiger Gas-Deal um die Ecke kommt“, sagte Neubauer unserer Redaktion. „Laut Klimazielen muss Deutschland bis 2035 komplett von fossilen Energien weggekommen sein, technisch ist das möglich. Dieser Deal wird aber genau das, eine schnelle Energiewende, planmäßig verstellen, wenn bis 2041 die LNG-Lieferungen kommen sollen“, sagte Neubauer.

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