Bundesregierung schließt neue Partnerschaften Was es mit den Migrationsabkommen mit Kenia und Usbekistan auf sich hat
Berlin · Kenia und Usbekistan standen zuletzt nicht im Fokus der deutschen Migrationsdebatte. Nun sucht die Bundesregierung den Schulterschluss mit diesen Ländern. Es sind weitere Schritte in migrationspolitisch hektischen Zeiten.
In keinem anderen Politikfeld geht es derzeit so rasant und aufgeheizt zu wie in der Migrationspolitik. Beinahe täglich nimmt die Bundesregierung neue Verschärfungen vor, um die irreguläre Zuwanderung nach Deutschland einzudämmen. Beinahe täglich wartet die Opposition mit neuen, scharfen Forderungen auf. Nun will die Bundesregierung neue Migrationsabkommen mit zwei Ländern schließen, die zuletzt kaum im Fokus standen: Kenia und Usbekistan.
Was ist Sinn und Zweck von Migrationsabkommen?
Die Bundesregierung hat das Ziel, Migration besser zu steuern, in Deutschland abgelehnte Asylbewerber leichter in ihre Herkunftsländer abzuschieben und umgekehrt gut ausgebildete Fach- und Arbeitskräfte nach Deutschland zu locken. Doch darauf allein kann keine Partnerschaft beruhen, es braucht lukrative Gegenangebote. Im Fall des EU-Türkei-Deals von 2016 flossen neben politischen Vereinbarungen auch Milliardensummen. Dagegen soll etwa bei der Migrationsvereinbarung mit Marokko, die im Januar dieses Jahres geschlossen wurde, kein Geld im Spiel gewesen sein. Anreize für Partnerstaaten, solche Abkommen mit Deutschland einzugehen, können neben vereinfachten Arbeitszugängen etwa auch Visaerleichterungen sein.
Was hat es mit dem neuen Abkommen mit Kenia auf sich?
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte am Freitag Besuch des kenianischen Präsidenten William Samoei Ruto. Dabei unterzeichneten Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und Kenias Außenminister Musalia Mudavadi das Abkommen. „Für Kenianerinnen und Kenianer eröffnet es Perspektiven, weil Fachkräfte oder junge Leute für eine Ausbildung nach Deutschland kommen können“, sagte Scholz am Freitag in Berlin. Das könne helfen, den „eklatanten Fachkräftemangel“ auszugleichen, so der SPD-Politiker. Das Abkommen sehe auch „wirksame Rückkehrverfahren für diejenigen vor, die aus Kenia zu uns gekommen sind, aber kein Bleiberecht bei uns haben oder erwerben können“.
Warum fliegt der Kanzler am Wochenende nach Usbekistan?
Am Sonntag beginnt die dreitägige Reise des Kanzlers nach Zentralasien, wichtigste Station ist Usbekistan. Vor Ort soll ebenfalls ein neues Migrationsabkommen unterzeichnet werden, wie im Vorfeld der Reise bekannt wurde. Begleitet wird der Kanzler von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Stamp. „Kenia und Usbekistan sind in ihren Regionen sehr starke und aufstrebende Länder. Sie werden ein wichtiger Partner sein, um irreguläre Migration zu reduzieren und gesteuerten Zuzug von qualifizierten Arbeitskräften zu ermöglichen“, sagte der FDP-Politiker nun unserer Redaktion. Die Gespräche mit beiden Ländern seien „sehr professionell und in freundschaftlicher Atmosphäre“ gewesen, so Stamp.
Wie geht es weiter bei den Zurückweisungen an der Grenze?
Die Bundesregierung hat ab Montag zusätzliche Grenzkontrollen angeordnet und will die Zurückweisungen Geflüchteter an der Grenze deutlich ausweiten. Seit vergangenem Oktober gab es bereits mehr als 30.000. Allerdings sieht die Regierung kaum rechtliche Möglichkeiten, um zu einer signifikant höheren Zahl zu kommen. Faeser legte der Union einen Plan vor, nach dem es künftig an den Grenzen beschleunigte Asylverfahren geben soll und abgelehnte Bewerber dann schnell wieder abgeschoben werden sollen.
Was sagt die Ampel zum Testlauf harter Zurückweisungen?
Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) hatte vorgeschlagen, die von ihm geforderte Zurückweisung von Asylbewerbern an den Landgrenzen zumindest für drei Monate mal zu testen. Faeser lehnte die Idee ab. In der ZDF-Sendung von Maybrit Illner erläuterte sie am Donnerstagabend warum: Es erfordere die Ausrufung einer Notlage. „Sie glauben doch nicht, dass ich erkläre, dass meine Polizei die Lage nicht mehr im Griff hat“, sagte sie. So etwas mache Menschen Angst. Zudem seien Erstaufnahme-Einrichtungen teils nur zu 50 Prozent belegt. „Das heißt, Sie würden juristisch gar nicht belegen können im Moment, dass eine Notlage existiert.“ Die Sozialdemokratin warb demonstrativ für eine Rückkehr der Union an den Verhandlungstisch.
Warum kocht die Migrationsdebatte gerade so hoch?
Die Migrationspolitik gehört Umfragen zufolge seit vielen Jahren zu den wichtigsten Themen für die Bevölkerung in Deutschland. Immer wieder war das Thema entscheidend für den Ausgang von Wahlen, so zuletzt bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen. Seit dem schlechten Abschneiden der Ampel-Parteien bei diesen Wahlen hat die Debatte noch einmal an Fahrt aufgenommen. Auch die islamistischen Terrorangriffe von Mannheim auf einen Polizisten und in Solingen bei einem Stadtfest haben die Diskussion um Gesetzesverschärfungen, Abschiebungen und Zurückweisungen an der Grenze noch einmal befeuert.