Verbote im Wahlprogramm Keiner will mehr verbieten als die Linken

Berlin · Waffenexporte, Wildtierhandel oder Lebensmittelverschwendung: Keine Partei will eine Verbotspartei sein – aber alle wollen was verbieten.

 Ein Mann sitzt in einer Kneipe an einem Spielautomat. Geht es nach dem Parteiprogramm der Linken, soll diese Art von Glücksspiel in Deutschland bald verboten werden.

Ein Mann sitzt in einer Kneipe an einem Spielautomat. Geht es nach dem Parteiprogramm der Linken, soll diese Art von Glücksspiel in Deutschland bald verboten werden.

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Den Titel der „Verbotspartei“ will keine haben. Schon gar nicht im Wahlkampf. Weil das nur Wähler verprellt. Der Blick in die Wahlprogramme der im Bundestag vertretenen Parteien zeigt allerdings, verbieten wollen alle etwas – die einen mehr, die anderen weniger. Ein (inoffizielles) Verbotsranking.

Platz 1: Die Linke. In keinem anderen Wahlprogramm finden sich so viele Verbotsideen wie auf den 122 Seiten der Linken – über 30. Sieg für die Partei der Spitzenkandidaten Dietmar Bartsch und Janine Wissler. So macht sie sich etwa für ein Waffenexportverbot stark. Auch soll die Leiharbeit verboten werden, Räumungen in die Wohnungslosigkeit, Billigflaggen für deutsche Reedereien sowie Anbau und Handel mit gentechnisch veränderten Pflanzen. Darüber hinaus will man Lobbyisten-Spenden an Parteien untersagen, genauso wie Werbung und Sponsoring für Tabak- und Alkoholprodukte in der Öffentlichkeit. Und: Was Flugverbote angeht, sind die Linken sehr konkret – sie planen das Aus für Flüge zu Zielen, die mit dem Zug in bis zu fünf Stunden erreichbar und die nicht weiter als 500 Kilometer entfernt sind. Nebenbei: Der Handel mit Echt-Pelz und ein Spielautomatenverbot in Kneipen stehen ebenfalls auf der Liste.

Platz 2: Die Grünen. Wenn es um den Titel der Verbotspartei ging, waren die Grünen für den politischen Gegner immer ein gefundenes Fressen. Vor allem für die Union. Doch diesmal scheint sich die Partei von Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock einigermaßen zusammengerissen zu haben – auf den 135 Programmseiten findet sich nur gut ein Dutzend Verbote, ein richtiger Aufreger fehlt. So will man etwa Chemikalien in Lebensmittelverpackungen verbieten oder den Immobilienkauf mit Bargeld. Ins Visier nehmen die Grünen auch private Militärfirmen, die aufgelöst werden sollen. Darüber hinaus will man Tiertransporte in Drittstaaten außerhalb der EU untersagen sowie den Wildtierhandel auf Online-Portalen – und die Einfuhr von Jagdtrophäen gleich mit.

Platz 3: Die AfD. Sie landet knapp hinter den Grünen mit rund zehn Verboten. Allerdings auf 210 Seiten Programm. Die Partei der Spitzenkandidaten Alice Weidel und Tino Chrupalla besinnt sich dabei auf ihre Kernthemen Migration und Islam. So will man die Finanzierung des Baus und Betriebs von Moscheen in Deutschland durch islamische Staaten sowie islamische Vereine verbieten. Das Tragen von Burka und Niqab in der Öffentlichkeit soll ebenfalls untersagt werden. Und: Die AfD will keine religiöse Trauung ohne vorherige standesamtliche Eheschließung mehr zulassen.

Platz 4: CDU und CSU. Die Union hat es ja nicht so mit Verboten, zumindest offiziell. Weil es zur Wahlkampfstrategie gehört, andere für ihre Ideen dann anzugehen. Deswegen findet sich im 138-Seiten-Programm des Kanzlerkandidatin Armin Laschet auch nur Weniges, was man untersagen will. So soll etwa der Export von Abfällen – insbesondere von Plastik- und Kunststoff – zur bloßen Entsorgung verhindert werden. Auch ein Deponieverbot für unbehandelte Siedlungsabfälle und vor allem kunststoffhaltigen Müll findet sich im Programm. Darüber hinaus plant die Union ein lebenslanges Waffenverbot für extremistische Straftäter. Viel mehr ist nicht zu finden.

Platz 5: Die SPD. Gut, das Programm der Sozialdemokraten und ihres Kanzlerkandidaten Olaf Scholz umfasst lediglich 66 Seiten. Es ist das Kürzeste von allen, da ist nicht viel Platz fürs Verbieten. Verfassungsfeindlichen Organisationen will man den Garaus machen. Vor allem plant die SPD, den Produzenten und dem Handel zu untersagen, genießbare Nahrungsmittel wegzuwerfen. Damit will man die Lebensmittelverschwendung eindämmen. Ansonsten herrscht Ebbe bei den Verboten.

 Künftig höchstens 130 Stundenkilometer auf Autobahnen? Nicht mit der FDP. Die Liberalen sprechen sich gegen ein Tempolimit aus.

Künftig höchstens 130 Stundenkilometer auf Autobahnen? Nicht mit der FDP. Die Liberalen sprechen sich gegen ein Tempolimit aus.

Foto: dpa/Patrick Seeger

Platz 6: Die FDP. Die Liberalen von Parteichef Christian Lindner sind mit allen Wassern gewaschen. Sie warten mit einer Besonderheit auf: In ihrem 91-Seiten-Programm sagt die FDP vor allem, welche Verbote sie nicht will. Etwa im Bereich der Mobilität: keine Tempolimits, Diesel- oder Motorradfahrverbote. Auch will man eine Ausweitung von Nachtflugverboten verhindern, abschaffen will man überdies „Tanzverbote und ähnliche Einschränkungen an stillen Feiertagen“. Und: Das Aus fürs Nachtangeln soll es mit dem Liberalen nicht geben. Petri Heil.

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