Interne Probleme Das Problem der Groko: gute Bilanz – schlechtes Bild

Die große Koalition funktioniert. Sie arbeitet, sie liefert. Ein weiteres Wohnungs- und Mietenpaket zum Beispiel. Schwarz-Rot hat laut Bertelsmann Stiftung in der laufenden Legislaturperiode schon mehr Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag auf den Weg gebracht als das Vorgängerbündnis im Vergleichszeitraum.

Was die große Koalition in den nächsten Wochen gefährdet
Foto: SZ/Robby Lorenz

Das ist eine Bilanz, die sich sehen lassen kann. Sie wird freilich vom Zustand der Koalitionsparteien überlagert. Und der ist alles andere als prima.

Damit sind nicht die Streitereien über die noch offenen Baustellen wie die Soli-Abschaffung, die Einführung einer Grundrente und das umfassende Klimaschutzpaket gemeint, das Ende September kommen soll. Wichtige Vorhaben, um die inhaltlich gerungen werden muss und die wegen ihrer Folgewirkungen nicht aus dem Ärmel geschüttelt werden können. Aber bei allen drei Themen werden sich die Partner einigen, das ist absehbar, weil das von allen Seiten inzwischen gewollt wird. Auch bei der besonders strittigen Grundrente. Wenn schon das Gesamtbild der Koalition kein Gutes ist, dann soll wenigstens Handlungsfähigkeit demonstriert werden. In der leisen Hoffnung, dass in der öffentlichen Wahrnehmung Letzteres dann doch Ersteres überlagert.

Dazu wird es aber nicht kommen. Denn der Herbst wird geprägt sein von einer inneren Zerrissenheit sowohl der Union als auch der SPD. Die Genossen werden bis Ende Oktober mit sich selbst zu tun haben auf der Suche nach dem richtigen Kandidatenduo für den Parteivorsitz. Je nachdem, wer seinen Hut gegen den neuen Favoriten Olaf Scholz noch in den Ring wirft, droht der SPD ein spektakulärer Showdown. Dass sich der Parteivorstand bei der anvisierten Halbzeitbilanz gegen die Groko aussprechen wird, ist kaum vorstellbar. Aber die Kandidatenkür könnte zu einer völlig anderen Dynamik führen, als dies den Parteioberen lieb ist – und an deren Ende dann doch die Koalition zerbricht. Möglich ist das. Dafür spricht auch der Umstand, dass sich keiner der Schwergewichte den Job des Vorsitzenden antun wollte, bis sich Scholz aufgerafft hat. Zu groß das Risiko. Aber auch zu anspruchsvoll die Aufgabe, die SPD aus der Krise zu führen.

Bei der Union sieht es nicht besser aus. Auch sie steht vor einem entscheidenden Herbst – wenn die Landtagswahlen im Osten Anfang September für die CDU so ausgehen, wie von den Demoskopen vermutet, muss sich die neue Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer erst recht warm anziehen. Die Heckenschützen stehen bereit, und sie feuern schon kräftig bei jedem verbalen Fehltritt, den sich AKK leistet. Anfänglich hat sie alles richtig gemacht, sie stand für die Erneuerung der CDU und für die Versöhnung der unterschiedlichen Lager. Jetzt aber scheint ihr die Aufgabe zunehmend über den Kopf zu wachsen. Der Wechsel ins Kabinett hat daran nichts geändert. Bislang zumindest. Rutscht die Union mit den Wahlen tiefer in der Krise, bleibt das nicht ohne Folgen für das Regierungsbündnis.

Die Koalition liefert. Und könnte trotzdem alsbald Geschichte sein.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort