Wahl am 4. März Erfurt steht erneut vor einem „historischen“ Tag

Erfurt · „Ich kann auch nicht in die Glaskugel sehen! Wir haben es nicht allein in der Hand.“ Mit diesen Sätzen antwortet Thüringens Linke-Chefin Susanne Hennig-Wellsow auf die derzeit immer wieder gestellte Frage, wie sicher die Wahl von Bodo Ramelow am 4. März zum Thüringer Ministerpräsidenten ist.

  Zweiter Anlauf: Bodo Ramelow soll am Mittwoch erneut zum Ministerpräsidenten von Thüringen gewählt werden.

Zweiter Anlauf: Bodo Ramelow soll am Mittwoch erneut zum Ministerpräsidenten von Thüringen gewählt werden.

Foto: dpa/Martin Schutt

Fast auf den Tag genau einen Monat nach der Ministerpräsidentenwahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich, bei der erstmals in Deutschland AfD-Stimmen den Ausschlag gaben, wird in Thüringen am Mittwoch ein neuer Versuch gestartet, zu einer Regierung zu kommen.

Nach der Wahl vom 5. Februar, die ein politisches Beben ausgelöst hatte, geht es allerdings nur noch um eine Übergangsregierung: Der Neuwahltermin 25. April 2021 ist bereits verkündet. Eines ist für Hennig-Wellsow aber jetzt schon sicher: „Die Landtagssitzung am Mittwoch kriegt, egal was passiert, das Prädikat historisch.“

Hitzig diskutiert wird nicht nur in Thüringen die Frage, wie es Ramelow anstellen will, überhaupt ins Amt zu kommen. Sein Bündnis aus Linke, SPD und Grünen kommt nur auf 42 Stimmen im Landtag. Für die Wahl des 64-Jähringen im ersten Durchgang – und nur den soll es nach Meinung der Linken geben – sind jedoch mindestens 46 Stimmen nötig. Argwöhnisch wird auf die AfD geschaut, die am Abend vor der Ministerpräsidentenwahl mit ihren Anhängern – und Kerzen – vor die CDU-Zentrale ziehen will.

Dass die AfD auf die CDU zielt, hat einen Grund: Vier Monate nach der Landtagswahl und ihrem wilden Zickzackkurs hat sich die Thüringer CDU Verhandlungen mit Ramelow und seiner Linken gestellt, um Thüringens Regierungskrise zu beenden. Herausgekommen ist ein Kompromiss – eine Art Vier-Parteien-Allianz gegen die AfD, die im Landtag in Erfurt die zweitstärkste Fraktion nach der Linken und knapp vor der CDU stellt.

„Es ist eine Ausnahmesituation“, sagte der CDU-Chefverhandler Mario Voigt zu der Stabilitätsvereinbarung, die vor gut einer Woche mit dem Ramelow-Lager und gegen den Willen der Bundes-CDU geschlossen wurde. Sie beinhaltet eine befristete, projektbezogene Unterstützung einer möglichen rot-rot-grünen Minderheitsregierung – vor allem beim Haushalt 2021. Im Februar 2021 soll der Landtag aufgelöst und eine Neuwahl eingeleitet werden. Ramelow sagte nach dem Kompromiss: „Wir werden neue demokratische Wege gehen.“

Doch eine Garantie, dass er die fehlenden vier Stimmen von der CDU bekommt, hat Ramelow nicht. Die Christdemokraten erklärten demonstrativ: Die CDU-Fraktion wähle Ramelow nicht aktiv als Ministerpräsidenten mit. Ramelow sagt, er sei nach Gesprächen mit vielen Abgeordneten der Überzeugung, dass er im ersten Durchgang eine Mehrheit bekomme – und AfD-Stimmen keine Rolle spielen. Nun wird spekuliert, wer bei der CDU und möglicherweise auch bei der FDP Ramelow seine Stimme geben könnte.

Argwöhnisch schaut Rot-Rot-Grün auf diesen Montag – da dreht sich das Personalkarussell bei der CDU. Partei- und Fraktionschef Mike Mohring tritt ab – die Wahl seines Nachfolgers könnte ein Signal sein, ob die CDU weiter zum Kompromiss mit Rot-Rot-Grün steht.

Was bleibt, ist die Angst vor erneuten Scharmützeln der AfD mit ihrem Fraktionschef Björn Höcke. Diesen Montag entscheidet sich, ob die Rechtspopulisten erneut einen eigenen Ministerpräsidentenkandidaten ins Rennen schicken. Die Linke treibt auch um, dass die AfD erneut tricksen und Ramelow mitwählen könnte. Ramelow hat angekündigt, die Wahl dann nicht anzunehmen. Und dann? Neuwahl, schnell, heißt es von Linken, SPD und Grünen.

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