Verständigung greifbar Wissing feiert das „Aus für das Verbrenner-Aus“

Brüssel · Nein, auf der Tagesordnung des EU-Gipfels in Brüssel stand der Streit um das Verbrenner-Aus nicht. Aber ja, wenn in einem zentralen Punkt des Klimaschutzpaketes fünf Länder von einer schon erreichten Verständigung wieder abrücken, dann beschäftigt das die EU-Verantwortlichen natürlich.

 Verkehrsminister Volker Wissing am Freitag bei seinen Verbrenner-Äußerungen im Mainzer FDP-Büro.

Verkehrsminister Volker Wissing am Freitag bei seinen Verbrenner-Äußerungen im Mainzer FDP-Büro.

Foto: dpa/Helmut Fricke

Und so berichtete Kaja Kallas, Estlands Regierungschefin, von den internen Runden, dass da ein „großer Elefant“ in Form des Verbrenner-Streits im Raum gestanden habe, zugleich aber auch ein „Geist der Verständigung gefühlt“ worden sei.

Wie zur Bestätigung meldete sich zum Gipfel-Ende derjenige zu Wort, der für die Gesetzes-Blockade verantwortlich gemacht wird: Deutschlands Verkehrsminister Volker Wissing. Dem FDP-Politiker wird vorgehalten, im Alleingang aus parteitaktischen Motiven das schon von allen beschlossene Gesetz bei der formalen Schlussrunde blockiert zu haben. Doch ein Veto-Recht hat Deutschland in dieser Frage gar nicht. Nur weil Italien, Polen, Bulgarien und inzwischen auch Tschechien und Österreich auch kein vollständiges Verbot der Pkw-Zulassung von Typen mit Schadstoffaustausch ab 2035 wollen, kam die Blockade-Minderheit erst zustande.

Ging es am Anfang nur darum, die als „Erwägung“ in den einleitenden Sätzen des Gesetzes relativ unverbindlich festgehaltene Verpflichtung der Kommission klarer zu fixieren, sind die Erwartungen nun gestiegen. Festgelegt war lediglich, Vorschläge zu unterbreiten, wie „außerhalb“ der Fahrzeugflotten für Sonderfahrzeuge eventuell auch nach 2035 Antriebe erlaubt sein könnten, die mit E-Fuels fahren und damit unterm Strich klimaneutral sind, auch wenn sie weiter Abgase erzeugen. Nun geht es in der Hoffnung der Nein-Sager darum, E-Fuels-Antriebe grundsätzlich nach 2035 zulassungsfähig zu halten.

Der jüngste Vorschlag von Timmermans lief darauf hinaus, eine Typendefinition zu entwickeln, wonach solche Pkw zugelassen werden können, deren Treibstoff ständig überwacht wird, und die nicht mehr gestartet werden können, wenn etwas anderes als E-Fuels getankt werden soll. Das ging nach dem Geschmack von Wissing in die richtige Richtung. Ihm lag nun noch daran, dafür eine höhere Verbindlichkeit zu erhalten. Dazu sollte sich die Kommission verpflichten, in einem delegierten Rechtsakt noch im Herbst die grundsätzliche Zulassung von E-Fuels-Fahrzeugen über 2035 hinaus zu ermöglichen.

„Das totale Verbrenner-Verbot tragen wir nicht mit“, erläuterte der Minister. Und auf seinem Twitter-Account feierte er seinen Vorschlag an die EU-Kommission als „das Aus für das Verbrenner-Aus“. Allerdings bedeutet der Inhalt seiner Mail an Timmermans, das eigentliche Gesetz nicht mehr anzufassen, das dann schon nächsten Dienstag im Rat seinen letzten Haken bekommen könnte. Die Verpflichtung der Kommission bezöge sich auf eine neue Gesetzesinitiative. Und die könnte sowohl vom Parlament als auch vom Rat gekippt werden.

Die Grünen kündigten bereits an, dass sie nichts beschließen würden, was dem ursprünglichen Gesetz zuwiderlaufe. Einem Rechtsakt zu E-Fuels, der sich auf ein Gesetz beziehe, nach dem ab 2035 aus neuen Autos kein CO2 mehr kommen dürfe, fehle schlicht die gesetzliche Grundlage. Auch die CDU meldete größte Bedenken an. „Wenn Wissing wirklich den Verbrenner retten will, müssen wir das Gesetz noch einmal neu verhandeln“, sagte Jens Giesecke, der Verkehrsexperte der Union. Was Wissing jetzt vorschlage, sei genauso unverbindlich wie alles zuvor. Seine Vermutung: „Es scheint Wissing von Anfang an nur um eine Show für die Öffentlichkeit gegangen zu sein.“

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