Virtueller Bundestags-Wahlkampf der SPD „Ich will eine Stunde Null“
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz ist auf Deutschlandtour und stellte sich am Dienstagabend online Fragen der Saarländer. Was die Bürger unter seiner Kanzlerschaft erwarten würde - Scholz über Zukunftsthemen.
Während CDU-Parteichef Armin Laschet und der bayerische CSU-Ministerpräsident Markus Söder gerade die Ellenbogen ausgepackt haben und um den Posten als Kanzlerkandidat der Union ringen, hatten die Sozialdemokraten ihren Kandidaten bereits vor Wochen gekürt. Bundesfinanzminister und Vize-Kanzler Olaf Scholz will nach der Bundestagswahl am 26. September Angela Merkel (CDU) ins Amt folgen. Sofern seine Partei genügend Wähler gewinnen kann. Dafür rührt die SPD schon kräftig die Wahlkampf-Trommel. Am Dienstagabend haben sich Scholz sowie sein saarländischer Parteikollege, Bundesaußenminister Heiko Maas den Fragen der Bürger gestellt. Moderiert wurde die Veranstaltung von dem saarländischen Bundestagsabgeordneten und Generalsekretär der Saar-SPD, Christian Petry. Coronabedingt virtuell - Scholz und Maas waren live aus Berlin ins Saarland geschaltet.
Scholz begann den Dialog so gleich mit dem Dauer-Thema Corona: „Wir müssen alles dafür tun, die Bürger zu schützen. Wirtschaftlich haben wir das ganz gut hinbekommen mit den Milliarden-Förderungen. Aber es geht auch um die gesundheitlichen Themen“, sagte Scholz. Damit spielte er auf die bundesweit einheitliche Notbremse an, die Dienstagmorgen vom Bundeskabinett auf den Weg gebracht wurde. Die Bürger bräuchten transparente und nachvollziehbare Maßnahmen.
Warum aber stimmt die SPD Ausgangsbeschränkungen zu, fragte eine Saarländerin? Scholz erklärte dazu: „Wir merken, dass die Infektionszahlen nicht stabil sind. Sie steigen.“ Die Verabredung des Bundes mit den Ländern seien in diesem Fall Maßnahmen, die auch Einschränkungen nachts betreffen würden. Die seien aber nur ein Baustein. „Es muss verhindert werden, dass wir uns immer weiter hinschleppen“, betonte Scholz. Angesichts der Impfungen gebe es gute Chancen, im Sommer die Pandemie in den Griff zu bekommen. Dafür dürften aber die Infektionszahlen nun nicht weiter steigen, mahnte der Sozialdemokrat.
Ein Problem, mit dem man sich ernsthaft auseinandersetzen müsse, sei die Bewegung der Querdenker, sagte Bundesaußenminister Maas. „Es gibt Menschen, die anfällig sind für Verschwörungstheorien.“ Die bräuchten Orientierung, Vertrauen und Verlässlichkeit. Kanzlerkandidat Scholz gebe all das.
Es ging aber nicht nur um die Pandemie. Was erwartet die Bürger in den kommenden Jahren? Unter einer Kanzlerschaft eines Sozialdemokraten? Scholz will „Zukunftsvisionen bündeln“, so dass man noch in Jahrzehnten einen Wohlstand habe. „Damit es auch später noch gute Arbeitsplätze und ein gutes Einkommen gibt.“ Außerdem müsse der Klimawandel aufgehalten werden, indem man unter anderem auf erneuerbare Energien setzt. Das habe das Bundeswirtschaftsministerium unter Minister Peter Altmaier (CDU) derzeit nicht auf dem Schirm. Die Stahlindustrie müsse auf Dauer CO2-neutral werden. Wasserstoff werde hier ein wichtiges Thema sein, sagte Scholz. „Der Staat muss dafür seine politische Verantwortung warhnehmen.“ Das gelte auch für die Mobilität, insbesondere im Autoland Saarland. „Wir müssen die Elektrifizierung der Mobilität aus Deutschland heraus entwickeln.“ All das werde aber nicht alleine gelingen. „Sondern nur mit einem starken und geeinten Europa“, sagte Scholz.
Was aber ist die Rolle Deutschlands in der Europäischen Union? Bundesaußenminister Heiko Maas sagte: „Uns gebührt die Rolle, die EU mit zusammenzuhalten. Gerade jetzt, wenn man den Eindruck hat, dass vieles auseinanderläuft.“ Deutschland sei zudem Motor der Integration und eine Brücke zwischen Ost und West zusammen mit Frankreich. Maas wünscht sich in Zukunft zudem, Entscheidungen auf europäischer Ebene mit einer „qualifizierten Mehrheit“ zu treffen – und nicht auf Einstimmigkeit angewiesen zu sein.
Eine andere Frage: Wie will Scholz Unternehmensgründungen fördern? „Wir brauchen dafür ein Finanzmilieu, das das besser unterstützt als es heute.“ Er spricht sich auch dafür aus, dass Unternehmen ihre Mitarbeiter stärker beteiligen müssen.
Was Scholz außerdem als Kanzler unbedingt angehen möchte ist eine „Stunde Null“. Er will hochverschuldete Kommunen finanziell stärken, sie von einem Teil ihrer Kassenkredite befreien. Das habe er in der Koalition mit der CDU bisher nicht umsetzen können. „Es geht hier vor allem um gleichwertige Lebensverhältnisse.“