Dramatische vierte Welle Was tun? Politik diskutiert Maßnahmen

Berlin · Es dauert noch gut eine Woche, bis der SPD-Politiker Olaf Scholz zum neuen Bundeskanzler gewählt werden soll. Derzeit klettern die Corona-Zahlen täglich auf neue Höchststände, hinzukommt die besorgniserregende Omikron-Mutante. Wo steht die Politik aktuell?

Ein Mitarbeiter zeigt in einer Corona-Abstrichstelle einen Abstrich für einen Corona-Test. Foto: dpa

Ein Mitarbeiter zeigt in einer Corona-Abstrichstelle einen Abstrich für einen Corona-Test. Foto: dpa

Foto: dpa/Tom Weller

In der Phase zwischen dem Ende der Regierung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und der Übernahme durch die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP wird erbittert diskutiert, was das Land tun muss, um die Pandemie in den Griff zu bekommen. Dabei mahnen das Robert-Koch-Institut (RKI), Virologen und Ärzte mit Verweis auf die steigenden Zahlen bei Toten und Intensivpatienten schnelle Entscheidungen an - egal von wem.

Was können die Länder noch bestimmen?

Die Ampel-Parteien hatten die epidemische Lage von nationaler Tragweite am 25. November auslaufen lassen und dafür das Infektionsschutzgesetz mit ihrer neuen Mehrheit im Bundestag reformiert. Doch noch immer können die Länder in Eigenregie mehr Maßnahmen verhängen als sie es teilweise tun, etwa konsequente 2G, 2G-plus oder 3G-Reglen und auch Kontaktbeschränkungen verhängen.

Der Grünen-Politiker und Arzt Janosch Dahmen sagte unserer Redaktion: „Es verwundert schon, dass in den letzten Tagen und Wochen überwiegend über Regeln diskutiert wurde, die ab dem 15. Dezember, beim Auslaufen der Übergangsfristen, nicht mehr möglich sein könnten. Tatsächlich wurden aber doch Maßnahmen, die eindeutig notwendig wären, wie flächendeckende 2G-Regeln und konsequente Kontaktbeschränkungen in besonders betroffenen Bundesländern, gar nicht in Kraft,  oder teilweise zumindest, nicht wirkungsvoll umgesetzt.

Was können die Länder nicht mehr?

Seit dem von der Ampel abgeschafftem Auslaufen der epidemischen Lage von nationaler Tragweite nicht mehr anordnen können, sind Lockdowns, flächendeckende Schulschließungen und Ausgangssperren. Dies haben die Ampel-Parteien mit dem veränderten Infektionsschutzgesetz verhindert. Übergangsregeln laufen nur bis zum 15. Dezember.

Was kann der Bund entscheiden?

 Merkel kritisierte, dass SPD, Grüne und FDP in der sich wieder zuspitzenden Pandemie die epidemische Lage von nationaler Tragweite haben auslaufen lassen. Dass die Ampel-Parteien das Maßnahmenpaket im Infektionsschutzgesetz eingegrenzt haben, wird auch in den Ländern bemängelt. Eine Woche nach der Verabschiedung des neuen Infektionsschutzgesetzes im Bundestag forderten die Gesundheitsministerinnen und -minister aller 16 Länder am vergangenen Donnerstag bereits wieder eine Änderung.

 Was könnte eine vorgezogene MPK bringen?

Ziel eines vorgezogenen Bund-Länder-Treffen könnte etwa eine Vereinbarung darüber sein, drastische Kontaktbeschränkungen überall in Deutschland nicht erst ab Schwellenwerten von 1000, sondern ab einer Sieben-Tage-Inzidenz etwa von 300 oder 400 zu verhängen. Zudem könnten sich die Länder verabreden, überall Großveranstaltungen mit Publikum etwa im Profifußball abzusagen. Ohne Details zu nennen, twitterte auch Bald-Kanzler Olaf Scholz (SPD)  am Samstag: „Wir werden alles tun, was nötig ist. Es gibt nichts, was nicht in Betracht gezogen werden kann." Mit Spannung wird auch die für Dienstag angekündigte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über Verfassungsbeschwerden gegen die Corona-Notbremse des Bundes aus dem Frühjahr erwartet. Dabei geht es um die Ende Juni ausgelaufenen bundesweiten Vorgaben für Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen bei einer sich verschärfenden Corona-Lage. Es wird damit gerechnet, dass die Karlsruher Richter damit Leitplanken auch für künftige Beschränkungen geben.

Was würde eine Änderung bringen?

Würde das Infektionsschutzgesetz wieder geändert, ginge es vor allem darum, für den Notfall auch drastische Maßnahmen wie einen bundesweiten Lockdown einschließlich Ausgangssperren und Schulschließungen wieder möglich zu machen.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund beurteilte die Entwicklung der Corona-Pandemie am Sonntag als äußerst dramatisch und forderte eine Rückkehr zur alten Regelung. „Die bisher von Bund und Ländern beschlossenen Maßnahmen reichen zur wirksamen Bekämpfung der Pandemie erkennbar nicht aus. Wir brauchen ein sofortiges Handeln der Politik. Notwendig sind eine Ministerpräsidentenkonferenz sowie eine verbindliche Absprache mit der Ampel-Koalition“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg unserer Redaktion.

 Es brauche nun schnell eine gemeinsame Verständigung darüber, dass die epidemische Notlage wieder festgestellt wird, um so zusätzliche Handlungsmöglichkeiten zu eröffnen. Dazu gehört ein klarer Appell an die Bevölkerung, Kontakte so weit wie möglich zu reduzieren. Großveranstaltungen, Partys und Konzerte sind jetzt das vollkommen falsche Signal. Auch bei Fußballspielen muss die Zahl der Zuschauer deutlich reduziert werden.

Landsberg warnte  weiter vor einer „Pandemie-Endlosschleife“,  wenn es nicht gelinge, die Zahl der Geimpften deutlich zu steigern. Deswegen müssen bereits jetzt auch die möglicherweise notwendigen weiteren Booster-Impfungen systematisch für alle Menschen im Jahr 2022 vorbereitet werden.

Auch die Kommunen würden ihre Kontrollen weiter ausführen und wo nötig erhöhen, um die Umsetzung der nun notwendigen Schritte zu überwachen.

(mün/rtr/dpa)
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