Kritik an Ministerin Lemke Der Wolfs-Frust wird wieder größer
Exklusiv | Berlin · Wie weiter mit dem Wolf? Führende Verbände kritisieren Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) scharf für ihre Wolfspolitik. Die Zeit der Dialoge sei vorbei, heißt es in einem Schreiben an die Ministerin. Lemke müsse endlich handeln.
Von „vollkommen unbefriedigender Vollzugspraxis“ ist die Rede, davon, dass das Vorgehen beim Wolf „den Problemen vor Ort in keiner Weise gerecht“ werde. Bauern, Jäger, Nutztierhalter und Zuchtverbände gehen scharf mit Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) ins Gericht. In einem gemeinsamen Schreiben an die Ministerin, das unserer Redaktion vorliegt, heißt es, es fehlten nach wie vor konkrete Vorschläge zur Weiterentwicklung der Wolfspolitik. Ein Management des Bestandes sei auch über die Einzeltier- beziehungsweise Rudelentnahme „im Zusammenhang mit wiederholtem Rissgeschehen hinaus zwingend erforderlich“. Das fordere man „mit Nachdruck“. Die Verbände sprechen sich unter anderem für eine „jährliche Entnahmequote“ aus.
Der Wolf, das Reizthema schlechthin. Dort, wo die Tiere als Rudel, Paare oder einzeln auftauchen, prallen auch Tierschützer und Weidetierhalter meist aufeinander, und die Sorgen einiger Bürger sind oft groß. Der Bauernverband geht in seinem Monitoring zur Wolfspopulation davon aus, dass mittlerweile 1.500 bis 2.700 Tiere in Deutschland leben. Tendenz weiter steigend. 117 Wolfsterritorien in zehn Bundesländern sind derzeit bekannt. Immer wieder gibt es Berichte von gerissenen Weidetieren - etwa Schafe, Ziegen, Rinder, meist Kälber.
Zahlreiche Konferenzen wurden schon abgehalten, um über ein sinnvolles Wolfsmanagement zu beraten. Zuletzt startete Ministerin Lemke Anfang Juni die Dialogreihe Wolf im Bundesumweltministerium. „Die Tatsache, dass Wölfe zurückgekehrt sind, ist ein großer Erfolg für den Naturschutz“, so Lemke seinerzeit. Gleichwohl bringe die Rückkehr „Herausforderungen und Konflikte mit sich, gerade in einem dicht besiedelten und stark landwirtschaftlich geprägten Land wie Deutschland“.
Nach Ansicht der Verbände unternimmt die Ministerin diesbezüglich zu wenig. Der Wolfs-Frust wird wieder größer. Die derzeitigen Probleme der Weidetierhaltung mit der Ausbreitung des Wolfes ließen sich nicht allein mit Herdenschutzmaßnahmen lösen, heißt es in dem Schreiben, „nachdem die unzureichende Wirkung von Herdenschutzmaßnahmen bereits vielerorts deutlich geworden ist“. Zwar begrüße man die ministerielle Zusage, dass künftig übergriffige Wölfe „effektiver und schneller geschossen“ werden müssten. „Eine schnelle, unbürokratische und effektive Entnahme von übergriffigen Wölfen bis hin zu ganzen Rudeln stellt bereits einen ersten wichtigen Schritt dar. Eine generelle Regelung für eine Bestandsregulierung bleibt dennoch unausweichlich“, so die Verbände.
In diesem Zusammenhang werfen sie Lemke „Blockade“ vor. Das sei ein Bruch des Koalitionsvertrages der Ampel und werde den Problemen vor Ort in keiner Weise gerecht, so die Verbände. Von Lemkes Dialogreihe erwarte man jetzt eine klare Zielrichtung und Entscheidungen. „Es besteht kein Mangel am Austausch bereits bekannter Positionen, sondern konkreter Vorschläge zur Weiterentwicklung der Wolfspolitik.“ Schon lange werde die Notwendigkeit des Dialogs als Ersatz für aktives staatliches Handeln vorgeschoben, kritisieren Bauernverband, Jagdverband, Jagdgenossenschaften, Vereinigung der Zuchtverbände, Bundesverband Rind und Schwein sowie die Reiterliche Vereinigung.
Unter anderem schlagen die Verbände weitere Änderungen des Bundesnaturschutzgesetzes vor. Demnach müsse es Zonen geben, in denen der Wolf vollständig geschützt sei, dann Gebiete, aus denen ausgewählte Wölfe nach einem Managementplan entnommen werden könnten. Und schließlich Regionen, „in denen der Wolf mit den Einschränkungen der geltenden Jagdvorschriften bejagt werden kann“. Außerdem müsse es eine „Entnahmequote“ geben, die jährlich unter fortlaufender Kontrolle und Überprüfung festgelegt werde.