VdK erhöht Druck auf Familienministerin Paus Kindergrundsicherung: Sozialverband fordert spürbar mehr Geld für arme Familien
Berlin · Familienministerin Lisa Paus (Grüne) steht bei der geplanten Kindergrundsicherung mächtig unter Druck: Sie muss bis Ende August einen Gesetzentwurf vorlegen, der die eigene Partei und die Sozialverbände nicht enttäuscht und dennoch finanzierbar bleibt. Der Sozialverband VdK fordert eine Erhöhung der bisherigen Leistungen.
Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, hat eine Erhöhung der staatlichen Leistungen für Familien im Zuge der geplanten Kindergrundsicherung gefordert. „Die Leistungen müssen mit der geplanten Kindergrundsicherung gebündelt und erhöht werden, und vor allem bei den Familien ankommen, die das Geld dringend benötigen“, sagte Bentele unserer Redaktion. „Für den VdK ist wichtig, dass jedes Kind in Deutschland gut aufwachsen kann und die Möglichkeit bekommt, durch Bildung und Teilhabe den sozialen Aufstieg zu schaffen. Das gilt auch für Kinder aus zugewanderten Familien“, betonte die Chefin des VdK. „Wir dürfen nicht dabei zusehen, wie Kinder sozial abgehängt werden“, sagte sie.
Das Bundesfamilienministerium arbeitet in diesen Wochen intensiv an einem Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte die zuständige Ministerin Lisa Paus (Grüne) in einem Brief aufgefordert, einen in der Koalition bereits abestimmten Entwurf bis Ende August vorzulegen, damit dieser dann unmittelbar nach der Sommerpause vom Kabinett beschlossen werden kann. Geplant ist, das Kindergeld, den Kinderzuschlag für einkommensschwächere Familien, den Kinder-Regelsatz im Bürgergeld und den Corona-Sofortzuschlag zu einer Leistung zusammenzufassen. Für jedes Kind soll es einen Garantiebetrag geben, der dem Kindergeld von derzeit 250 Euro im Monat entspricht. Darüberhinaus sollen einkommensschwache Familien einen Zusatzbetrag erhalten.
In der Koaltion ist jedoch strittig, ob die Leistungen für Kinder aus einkommensschwachen Familien in der Höhe deutlich aufgestockt werden sollen. Die FDP möchte nur die bestehenden Leistungen bündeln und einfacher abrufbar machen. Die Grünen dagegen drängen darauf, dass die Leistungen für arme Kinder spürbar höher sind als bisher. Zuletzt hatte das Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) zurückgewiesen. „Transferleistungen einfach zu erhöhen oder neue zu schaffen, ist nicht automatisch ein Weg aus der Armut“, sagte sie unserer Redaktion im Interview.
Dementgegen verweist VdK-Chefin Bentele auf die steigende Zahl von armutsgefährdeten Kindern. „Es gibt zwar eine Vielzahl an familienpolitischen Leistungen, trotzdem hat sich die Kinderarmut in den letzten Jahren weiter zementiert. Das Problem besteht darin, dass jetzige Leistungen viel zu oft nicht bei den Familien ankommen, die das Geld dringend brauchen. Von Kindergelderhöhungen haben gerade arme Familien nichts, weil das Geld vollständig auf das Bürgergeld angerechnet wird. Und der Kinderzuschlag ist zu gering bemessen, um Kinder finanziell ausreichend abzusichern. Auf der anderen Seite werden sehr gut verdienende Eltern durch die Kinderfreibeträge weiterhin deutlich vom Staat bevorteilt", sagte Bentele.
Der Co-Vorsitzende der Linke-Fraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, warf der Ampel-Koalition Versagen bei dem Versuch vor, ein Konzept für eine Kindergrundsicherung vorzulegen. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte für die geplante Kindergrundsicherung bislang zwei Milliarden Euro für 2025 veranschlagt und dies lediglich als „Merkposten“ in der Finanzplanung hinterlegt. Bartsch sagte unserer Redaktion: „Dieser Merkposten ist wirklich beschämend. Die Einführung der Kindergrundsicherung muss einen Systemwechsel bedeuten. Es geht nicht darum, mit Geld etwas zuzuschütten. Ich bin enttäuscht, dass Familienministerin Lisa Paus es bis heute nicht geschafft hat, dazu ein Konzept vorzulegen. Hier versagt die Ampel sehr grundsätzlich.“ Was die Koalition sich im Koalitionsvertrag zur Kindergrundsicherung vorgenommen habe, werde in dieser Legislaturperiode nicht mehr umgesetzt. „Stattdessen gibt es Augenwischerei.“ Die Kinderarmut in Deutschland sei im vergangenen Jahr auf dem höchsten Stand in der Geschichte des Landes gewesen. Bartsch: Ein inakzeptabler Skandal und ein Armutszeugnis für die Ampel.“