Mageres Ergebnis bei Gesprächen von Koalitionsspitzen Wenn Wahlkämpfer ein Paket schnüren

Berlin · Beim letzten Spitzentreffen vor dem 26. Mai wollten die streitenden Koalitionäre von Union und SPD den Eindruck von Handlungsunfähigkeit vermeiden. Für die Paketboten unter anderem gab es einen Durchbruch.

 Ein Paketbote belädt einen Transporter. Die Zusteller sollen bald bessere Arbeitsbedingungen haben. Darauf einigten sich die Spitzen von Union und SPD in ihrem letzten Treffen vor den Wahlen am 26. Mai.

Ein Paketbote belädt einen Transporter. Die Zusteller sollen bald bessere Arbeitsbedingungen haben. Darauf einigten sich die Spitzen von Union und SPD in ihrem letzten Treffen vor den Wahlen am 26. Mai.

Foto: dpa/Sina Schuldt

So ganz mit leeren Händen wollen die schwarz-roten Koalitionäre am Ende dann doch nicht auseinandergehen. Zwar hatten die Spitzen von CDU, CSU und SPD die Erwartungen an ihre Gespräche im Koalitionsausschuss schon vorher kräftig heruntergeschraubt, von Beratungen im „Normalumfeld“ war die Rede. Dass die Runde um Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Nacht zum Mittwoch dann doch einen Durchbruch im Streit um die Arbeitsbedingungen der Paketzusteller erzielt hat, dürfte auch mit dem Endspurt im Wahlkampf für Europa, die Bürgerschaft in Bremen und in Kommunalparlamenten in zehn Bundesländern zusammenhängen.

Die Spitzenvertreter der seit Anfang an ungeliebten großen Koalition werden wohl die Schlagzeilen vor Augen gehabt haben, wenn sie sich nicht einmal auf einen kleinsten gemeinsamen Nenner hätten einigen können. Ohnehin sind knapp zwei Wochen vor den für beide Seiten wichtigen Wahlen am 26. Mai kaum noch Gemeinsamkeiten auszumachen. Union und SPD sind seit Wochen im Wahlkampfmodus. Es scheint teilweise, als würden sie sich mit ihrer harten inhaltlichen Abgrenzung in wesentlichen Themen schon auf einen kommenden Bundestagswahlkampf vorbereiten.

Die Beteuerungen der Spitzenleute, dass man die Koalition trotz aller Unkenrufe bis zu ihrem regulären Ende fortsetzen wolle, wären wohl Makulatur gewesen, wenn die Koalitionsrunde nun das Bild völliger Zerstrittenheit abgegeben hätte. Jetzt können Merkel, CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer, der CSU-Vorsitzende Markus Söder und die SPD-Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles mit ihrer Einigung im Streit über faire Arbeitsbedingungen für Paketboten wenigstens einen Teilerfolg für ihre jeweilige Seite verbuchen.

Die zunächst von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) abgelehnte Nachunternehmerhaftung, bei der die großen Lieferunternehmen kontrollieren müssen, ob ihre Subunternehmer die gesetzlichen Bedingungen einhalten, kommt. Den Punkt kann vor allem die SPD für sich verbuchen – wenn auch etwa Kramp-Karrenbauer und Dobrindt genauso für faire Arbeitsbedingungen plädiert haben. Dass gleichzeitig ein Gesetz zur Entlastung von Bürokratie auf den Weg gebracht wird, war die Bedingung der Union – sie wird sich diese Regelung zugute schreiben. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen sollen um mindestens eine Milliarde Euro entlastet werden.

Auch das Signal eines außenpolitischen Gleichklangs bei einem der aktuell wichtigsten internationalen Themen setzen die in weiten Teilen zerstrittenen Koalitionäre. Im Konflikt um das einseitig von den USA gekündigte Atomabkommen mit dem Iran pochen sie auf eine friedliche und diplomatische Lösung. Soll nur niemand sagen, man spreche in wichtigen Themen nicht mit einer Stimme.

Doch der Schein könnte trügen: Man muss trotz der Einigungen von Dienstagabend nicht einmal sehr an der Oberfläche kratzen – gerade auch angesichts schwächer sprudelnder Steuereinnahmen stellen Union und Sozialdemokraten seit Wochen ihre sehr unterschiedlichen Vorstellungen ins Schaufenster. Immer lauter betonen sie die Gegensätze – Sozialstaat nach SPD-Muster kontra Ankurbelung der Konjunktur per Unions-Konzept.

Es ist, als würden sich die Partner längst für die nächste Bundestagswahl warmlaufen. Ganz egal, ob diese schon im Herbst kommt, vielleicht zusammen mit der Landtagswahl in Thüringen am 27. Oktober, oder im nächsten Jahr oder tatsächlich erst am regulären Ende der Legislaturperiode im Herbst 2021.

Es ist eben wie eine Zwischenzeit für alle Teile der großen Koalition: Keiner weiß, wie die Wahlen am 26. Mai ausgehen. Und ob die Ergebnisse tatsächlich politische Beben auslösen, die auch die Regierung in Berlin erschüttern und womöglich sprengen können.

Es scheint so, als ob jede Seite nicht unvorbereitet in eine solche Situation schlittern will.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort