Bilanz des Umweltbundesamtes Corona-Effekt sorgt für weniger Treibhausgase

Berlin · Deutschland schafft pandemiebedingt sein Klimaziel für 2020. Bundesumweltministerin Svenja Schulze fordert derweil mehr Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien.

 38 Millionen Tonnen weniger Treibhausgase als 2019 blies der Energiesektor im vergangenen Jahr in die Atmosphäre. Die Emissionen aus der Braunkohleverstromung sind dabei besonders stark zurückgegangen.

38 Millionen Tonnen weniger Treibhausgase als 2019 blies der Energiesektor im vergangenen Jahr in die Atmosphäre. Die Emissionen aus der Braunkohleverstromung sind dabei besonders stark zurückgegangen.

Foto: dpa/Oliver Berg

Deutschland hat seine Klimaziele für 2020 entgegen früheren Prognosen leicht übertroffen – allerdings nur wegen der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise. Nach der am Dienstag vorgestellten Bilanz des Umweltbundesamtes (UBA) wurden im vergangenen Jahr rund 70 Millionen Tonnen Treibhausgase weniger freigesetzt als 2019. Etwa ein Drittel davon war laut UBA-Präsident Dirk Messner pandemiebedingt.

Insgesamt lagen die Emissionen 2020 um 40,8 Prozent niedriger als 1990. Das Einsparziel der Bundesregierung lag für diesen Zeitraum bei 40 Prozent. Wie Messner einräumte, wäre man ohne Corona vermutlich „knapp“ unter dieser Marke geblieben. Bundesumweltministerin Svenja Schulz (SPD) wollte sich den Erfolg trotzdem nicht kleinreden lassen. Mit der Klimabilanz 2020 mache Deutschland bereits im dritten Jahr in Folge Fortschritte beim Klimaschutz. „Wie Klimapolitik wirkt, sieht man vor allem im Energiesektor, wo der Kohleausstieg gut vorankommt“, meinte Schulze. Damit seien auch „strukturelle Veränderungen erreicht worden, die auch nach der Pandemie fortwirken“, so Schulze.

Nach dem 2019 in Kraft getretenen Klimaschutzgesetz sind für einzelne Sektoren Jahr für Jahr konkrete Einsparziele vorgesehen. Damit soll der CO2-Ausstoß in Deutschland bis 2030 um weitere 15 Prozentpunkte im Vergleich zu 1990 sinken. Insgesamt wären es dann mindestens 55 Prozent weniger Treibhausgase als im Jahr der Wiedervereinigung. Nach der jüngsten Bilanz wurden die zulässigen Jahresmengen für 2020 bis auf den Gebäudesektor sogar noch unterschritten. Nachfolgend der Überblick.

Energiewirtschaft: Mit minus 38 Millionen Tonnen Treibhausgasen verzeichnete der Energiesektor 2020 den größten Emissionsrückgang. Erlaubt wären hier 280 Millionen Tonnen gewesen. Tatsächlich wurden es nur 221 Millionen Tonnen. Das ist vor allem auf den Rückgang der Emissionen aus der Braunkohleverstromung zurückzuführen. Hier kam es zu einem Minus von 23 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten. Außerdem hat der europäische Emissionshandel zu deutlich höheren CO2-Preisen geführt.

Verkehr: Dieser Bereich gilt als größtes Sorgenkind des Klimaschutzes. In erster Linie wegen Corona lagen die Treibhausgasemissionen mit 146 Millionen Tonnen jedoch um 19 Millionen Tonnen unter der für 2020 festgelegten Höchstmenge. Allein der inländische Flugverkehr verursachte fast 60 Prozent weniger CO2. Auch mit dem Auto wurden weniger lange Strecken zurückgelegt. Der Einspareffekt betrug hier elf Prozent.

Industrie: Der Konjunktureinbruch infolge der Corona-Pandemie bewirkte hier einen Emissionsrückgang um knapp neun Millionen Tonnen. Dazu trug vor allem die Stahlindustrie bei, deren Produktion 2020 um zehn Prozent einbrach.

Landwirtschaft: Die Emissionsminderung um etwa drei Millionen Tonnen im Agrarsektor war laut Umweltbundesamt wohl in erster Linie dem Wetter geschuldet. So verringerte sich etwa der Einsatz von Mineraldünger, dessen Anwendung und Produktion zur Emission von Treibhausgasen beitragen.

Abfallwirtschaft: Besonders wegen der gesunken Emissionen bei der Mülldeponierung sank der Ausstoß von Treibhausgasen in dem Sektor um insgesamt 3,8 Prozent.

Gebäudebereich: Auch hier kam es ebenfalls zu weniger Emissionen im Umfang von gut drei Millionen Tonnen. Aber die zulässige Höchstmenge von 120 Millionen Tonnen wurde um zwei Millionen Tonnen verfehlt. Offenbar wegen der verstärkten Nutzung von Homeoffice waren die Emissionen in den Haushalten gestiegen. Laut Klimaschutzgesetz muss nun bis Mitte April ein neu eingerichteter Expertenrat die Emissionsdaten im Gebäudebereich bewerten. Anschließend ist der zuständige Bauminister Horst Seehofer (CSU) gesetzlich verpflichtet, binnen drei Monaten ein Programm zur Einhaltung der vorgegebenen Emissionsmengen in den Folgejahren vorzulegen. Unter dem Strich sei die Entwicklung kein Grund zum Ausruhen, betonte Schulze. Ihre Forderung: Um das Emissionsziel für das Jahr 2030 zu erreichen, müsse das geplante Ausbautempo bei Wind- und Sonnenenergie verdoppelt werden.

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