Kinderhilfswerk Umfrage: Kinder sollen mehr im Freien spielen können

Berlin · Schulen und Kitas waren lange Zeit ganz geschlossen, Spielplätze ebenfalls nicht nutzbar – auch Kindern und Jugendlichen verlangt die Corona-Krise eine Menge ab. Dabei steht es um die Berücksichtigung ihrer Interessen ohnehin nicht zum Besten, wie der aktuelle Kinderreport des Deutschen Kinderhilfswerks zeigt.

 Draußen spielen ist wichtig: Laut Kinderhilfswerk schenken Stadt- und Raumplaner den Bedürfnissen von Kindern zu wenig Beachtung.

Draußen spielen ist wichtig: Laut Kinderhilfswerk schenken Stadt- und Raumplaner den Bedürfnissen von Kindern zu wenig Beachtung.

Foto: dpa/Uwe Anspach

Ein Großteil der Bevölkerung fordert demnach ein grundlegendes Umsteuern, um Kindern mehr Möglichkeiten zum Draußenspielen zu eröffnen. Nach einer Umfrage im Auftrag des Kinderhilfswerks ist das für 70 Prozent der Kinder und Jugendlichen im Alter zwischen zehn und 17 Jahren „wichtig“ bis „äußerst wichtig“. Unter den befragten Erwachsenen hat das Draußenspielen des Nachwuchses sogar eine noch größere Bedeutung: Insgesamt 89 Prozent stufen das Thema als „äußerst wichtig“ beziehungsweise „sehr wichtig“ ein. In der Praxis gibt es dafür allerdings einige Hindernisse. 54 Prozent der Kinder und Jugendlichen geben an, nicht draußen zu spielen, weil ihnen gleichaltrige Spielkameraden fehlen. Dies deutet laut Kinderhilfswerk darauf hin, dass es vielerorts an Treffpunkten im direkten Lebensumfeld fehlt, an denen sich Kinder begegnen können. Mehr als jedem dritten Kind ist der Straßenverkehr zu gefährlich, um sich im Freien zu beschäftigen. Unter den Erwachsenen sagen das sogar zwei Drittel.

Nach Einschätzung des Präsidenten des Kinderhilfswerks, Thomas Krüger, zeigt dieses Ergebnis, dass Kinder in der Stadt- und Raumplanung immer noch zu wenig Beachtung finden. Kommunen müssten mehr verkehrsberuhigte Bereiche, Tempo-30-Zonen und temporäre Spielstraßen ausweisen, forderte Krüger. Auf Nachfrage räumte der Verbandschefs allerdings auch eine elterliche Überfürsorglichkeit ein, die dem kindlichen Spiel im Freien entgegensteht. Gerade in Corona-Zeiten habe „das Helikoptern zugenommen“, erklärte Krüger. Dabei sei die Ansteckungsgefahr an der frischen Luft vergleichsweise gering. „Die Hotspots sind nicht Kitas, Schulen und Spielplätze, sondern geschlossene Räume“, betonte Krüger.

Seit Anfang Mai dürfen Spielplätze unter Auflagen wieder öffnen. Das gilt auch für Kitas und Schulen. In welchem Tempo, klärt jedes Bundesland für sich. Familienministerin Franziska Giffey dämpfte gestern allerdings die Erwartung auf eine schnelle Rückkehr zur Normalität. Die SPD-Politikerin berichtete von ihrem schulpflichtigen Sohn, der gerade in der „B-Woche“ sei, sprich, abwechselnd Aufgaben von zuhause erledigt und dann wieder am Präsenzunterricht teilnimmt. So lange die 1,50-Meter-Abstandsregel gelte, könnten nicht alle Kinder in die Schule zurück. Eine genaue Festlegung auf einen Tag zur Rückkehr in den Regelbetrieb könne es auch nicht geben, erklärte Giffey. Vielmehr müsse das anhand der Lage vor Ort entschieden werden. „Das ist eine ganz klare Geschichte“, so die Ministerin.

Vor dem Hintergrund des aktuellen Kinderreports bekräftigte die Sozialdemokratin ihre Forderung nach einer raschen Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz. Im Prinzip hatten sich SPD und Union darauf schon in ihrer Koalitionsvereinbarung verständigt. Ein entsprechender Gesetzentwurf, der bereits im letzten Herbst erstellt wurde, liegt aber wegen Unstimmigkeiten über konkrete Formulierungen auf Eis.

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