Krankenversicherung Geringere Beiträge bei einer Krankenversicherung für alle?

Gütersloh · Eine Studie zur Frage des dualen Systems sorgt für Debatten.

 Pflege-Eigenanteil_steigt

Pflege-Eigenanteil_steigt

Foto: SZ/Steffen, Michael

Wenn alle Bürger gesetzlich versichert wären, könnten die Beiträge einer Studie zufolge spürbar sinken. Beziehe man die finanziell leistungsstärkeren Privatversicherten in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ein, könnten jeder aktuell GKV-Versicherte und sein Arbeitgeber zusammen im Schnitt 145 Euro pro Jahr sparen. Zu diesem Ergebnis kommt eine am Montag veröffentlichte repräsentative Studie des Berliner Iges-Instituts im Auftrag der Bertelsmann Stiftung.  Laut Iges-Analyse verdienen Privatversicherte – demnach Gutverdiener, Beamte, einkommensstarke Selbstständige – durchschnittlich mindestens 56 Prozent mehr als gesetzlich Versicherte. Sie seien zudem tendenziell gesünder. Kämen sie in die GKV, könnte diese mit einem Nettofinanzüberschuss von jährlich 8,7 bis 10,6 Milliarden Euro rechnen. Der Beitragssatz ließe sich um 0,6 bis 0,7 Prozentpunkte senken. „Nur wenn sich alle Versicherten unabhängig vom Einkommen zusammentun, um die Risiken zwischen Gesunden und Kranken auszugleichen, kann eine tragfähige Solidargemeinschaft entstehen“, betont Stiftungsvorstand Brigitte Mohn.

Der dbb Beamtenbund widerspricht. Das System funktioniere gerade wegen des „bewährten Miteinanders“ von GKV und PKV, meint dbb-Chef Ulrich Silberbach. „Unsere Gesundheitsversorgung ist eine der besten der Welt.“ Im dualen Gesundheitssystem profitierten ausnahmslos alle von den Umsätzen der PKV-Versicherten. Man solle nicht mit „Sozialpranger“ arbeiten. Ähnlich formuliert der Verband der PKV: Der Milliarden-Mehrumsatz der PKV komme dem Gesundheitswesen insgesamt zugute. Ohne diesen müssten GKV-Versicherte sogar noch draufzahlen. Die Bundesärztekammer merkt an: Finanzstärkere würden sich bei einer Einheitsversicherung womöglich einen exklusiven Zugang zur Spitzenmedizin sichern – als Selbstzahler oder über teure Zusatzversicherungen. Damit sei der Weg in „eine echte Zwei-Klassenmedizin“ bereitet.

Nach Einschätzung von Fachleuten des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) würde die Abschaffung der privaten Krankenkasse auf lange Sicht stark zulasten junger Menschen in Deutschland gehen. „Belastet werden dabei vor allem die heutigen Kinder- und Enkelgenerationen“, sagte der IW-Sozialexperte Jochen Pimpertz. Denn ob durch eine Zusammenlegung von gesetzlicher und privater Krankenversicherung die Solidargemeinschaft dauerhaft entlastet würde, hänge auch von deren künftiger Inanspruchnahme infolge des demografischen Wandels ab. Dort hätten in den kommenden Jahren viele privatversicherte Beamte ein relativ hohes Durchschnittsalter. Die hohe Lebenserwartung dieser Privatversicherten beeinflusse künftige Ausgaben einer „integrativen Sozialversicherung für Gesundheit und Pflege“, wie sie die Stiftung vorschlage.

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