Wie die Union trotz gegenteiliger Beschlüsse mit Linken und AfD kooperiert Die Brandmauer bekommt Löcher

Berlin · Wie die Union trotz gegenteiliger Beschlüsse mit Linke und AfD kooperiert. Vor allem im Osten gibt es einige Beispiele.

 Keine Zusammenarbeit mit Linke und AfD. Das beteuert die Union immer wieder. Doch durch Löcher in der Brandmauer, die nach Links und Rechts abgrenzen soll, schimmert es längst in roter und blauer Farbe.

Keine Zusammenarbeit mit Linke und AfD. Das beteuert die Union immer wieder. Doch durch Löcher in der Brandmauer, die nach Links und Rechts abgrenzen soll, schimmert es längst in roter und blauer Farbe.

Foto: istock

Keine Zusammenarbeit sowohl mit der Linkspartei als auch mit der AfD – so hatte es schon Ende 2018 ein Bundesparteitag der CDU beschlossen. Vor dem aktuellen Hintergrund des Wahl-Eklats im Thüringer Landtag bekräftigte das Bundespräsidium der Christdemokraten jetzt noch einmal diese Position: „Von der CDU gibt es keine Stimmen für einen Kandidaten der AfD oder der Linkspartei“, heißt es in einer am vergangenen Freitag verabschiedeten Vorlage. Die Praxis allerdings ist vielschichtiger. Im kommunalen Bereich gibt es mitunter wenige Berührungsängste zwischen CDU und Dunkelroten beziehungsweise Rechtsaußen-Partei. Und im Bundestag ist die Haltung der Union zumindest gegenüber den Linken ambivalent.

Als spektakulärer Fall auf örtlicher Ebene gilt die Gemeinde Eilsleben in Sachsen-Anhalt. Hier bildete die CDU eine gemeinsame Fraktion mit einem AfD-Ratsmitglied, das laut ARD an mehreren Nazi-Aufmärschen teilgenommen hatte. Die öffentliche Empörung sorgte dafür, dass die CDU die Zusammenarbeit im vergangenen September aufkündigen musste. Im sächsischen Görlitz sorgte im Sommer letzten Jahres ein ähnlicher Vorgang für Aufmerksamkeit. Dort wählten CDU-Stadträte ein AfD-Mitglied in den Umweltausschuss, das als Anhänger der rechtsextremen identitären Bewegung gilt. Im brandenburgischen Frankfurt an der Oder machen derweil ein Oberbürgermeister der Linken und ein erster Beigeordneter von der CDU gemeinsam Stadtpolitik. Auch aus dem brandenburgischen Cottbus sind gemeinsame Abstimmungen von Linken und Christdemokraten im Stadtrat überliefert.

Im Bundestag ist das Verhältnis zwischen beiden Parteien zweifellos distanzierter. Die CDU verwendet dort viel Energie darauf, fraktionsübergreifende Anträge unter Einschluss der Linken zu verhindern. Darunter fiel zum Beispiel ein Papier zum 70. Jahrestag der Staatsgründung Isreals, das auch die Linke gern unterschrieben hätte. Verabschiedet wurde der Antrag am Ende mit einer breiten Mehrheit von Union, SPD, FDP, Grünen – und AfD.

Gelegentlich geht es aber auch weniger dogmatisch zwischen Schwarzen und Dunkelroten zu. So verweist man in der Linksfraktion zum Beispiel darauf, dass ihre Abgeordnete Petra Pau zu Beginn der Wahlperiode auch mit Stimmen der Union zur Vizepräsidentin des Bundestags gewählt wurde. Umgekehrt votierten Linke damals im Plenum für die Präsidentschaft des Unionskandidaten Wolfgang Schäuble. Auch wenn es darum geht, Geschäftsordnungsanträge der AfD zu unabgestimmten Änderungen der Tagesordnung abzuschmettern, machen Union und Linke gemeinsame Sache. In solchen Fällen einigen sich alle Bundestagsparteien jenseits der AfD reihum auf eine Fraktion, die dann die entsprechende Gegenrede übernimmt.

Beim Thema Wahlrecht ist die Brandmauer ebenfalls bröckelig geworden. Anfangs suchte die Union Gespräche über eine Reform unter Beteiligung der Linken zu verhindern. Doch weil FDP und Grüne daraufhin ihrerseits mit Gesprächsverweigerung drohten, lenkte Unionsfraktionschef Ralf Brinkhaus ein. Unter seiner Leitung soll am heutigen Donnerstag erneut über das Wahlrecht gesprochen werden. Mit auf der Einladungsliste ist Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch. Dagegen bleibt die AfD hier ausgeschlossen.

Übrigens: Selbst im Falle Thüringens ist die Totalabschottung der Bundes-CDU gegenüber Bartschs Partei nicht in Stein gemeißelt. Im schon erwähnten Präsidiumsbeschluss vom vergangenen Freitag heißt es nämlich auch: „Von der CDU gibt es keine Stimmen für einen Kandidaten, der auf Stimmen der AfD angewiesen ist“. Bedeutet im Umkehrschluss: Sollte sich in Erfurt doch noch ein unabhängiger Kandidat mit dem Segen der Linken finden, würde die CDU ihn mitwählen.

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