Thüringer wählen am Sonntag neuen Landtag Wahl in einem gespaltenen Bundesland

Berlin · Die Thüringer entscheiden am Sonntag, wie sich ihr neuer Landtag zusammensetzt. Es wird ein kompliziertes Ergebnis erwartet.

  Das idyllische Bild von Thüringens Hauptstadt Erfurt mit ihrer berühmten Krämerbrücke trügt: Das politische Klima im Bundesland ist vergiftet.

Das idyllische Bild von Thüringens Hauptstadt Erfurt mit ihrer berühmten Krämerbrücke trügt: Das politische Klima im Bundesland ist vergiftet.

Foto: Getty Images/ iStockphoto/bluejayphoto

Von allen Spitzenkandidaten in Thüringen war zuletzt vor allem er in den bundesweiten Schlagzeilen: Mike Mohring. Der CDU-Mann hatte Morddrohungen erhalten verbunden mit der Aufforderung, den Wahlkampf einzustellen. Das hat er natürlich nicht gemacht. Im Freistaat wird am Sonntag ein neuer Landtag gewählt. Das politische Klima scheint dort besonders vergiftet zu sein.

„Die Polarisierung hat durch die AfD auch in Thüringen eine neue Dimension erreicht“, so Mohring gegenüber unserer Redaktion. Deswegen schauen sie aus Berlin genau hin, wie das Ergebnis der AfD ausfallen wird. Denn der Spitzenkandidat der Rechtspopulisten heißt Björn Höcke. Höcke führt in der Partei den nationalkonservativen Flügel an, der in immer mehr Landesverbänden die Oberhand gewinnt. Er ist innerparteilich beileibe nicht unumstritten, auch wegen seiner völkischen Reden. Unklar ist, ob die AfD wegen oder trotz Höcke wohl bei über 20 Prozent landen wird. Jedenfalls dürften die Rechten nach Sachsen und Brandenburg weiter auf der Erfolgsspur im Osten bleiben. Bei den anderen Berliner Parteien wird man sich erneut fragen müssen, warum das so ist.

Die Wahl ist freilich auch deshalb so interessant, weil in Thüringen der einzige linke Ministerpräsident regiert: der impulsive Bodo Ramelow. In Berlin hoffen seine Partei­freunde, dass er im Amt verbleiben kann; zuletzt waren die Resultate der Linkspartei im Osten nur noch dürftig. Die Bürger sehen in ihr nicht mehr die Kümmerer-Partei. „Bodo Ramelow“ steht jetzt nur noch auf den Plakaten von Erfurt bis Weimar. Er ist beliebt im Land. Vor fünf Jahren habe es geheißen, nach 100 Tagen sei das erste rot-rot-grüne Experiment erledigt. „Jetzt sind wir kurz davor, eine Neuauflage zu bekommen“, so der Regierungschef.

Nimmt man allerdings die Umfragen, ist die Lage nicht ganz so rosig für Ramelow. Die Linke könnte zwar trotz Verlusten stärkste Kraft bleiben vor CDU und AfD, die nahezu gleichauf liegen. Aber die SPD schickt sich mal wieder an, ein historisch schlechtes Ergebnis einzufahren – weniger als die zwölf Prozent von vor fünf Jahren. Das werden dann wohl auch die Grünen mit voraussichtlich leichten Zugewinnen nicht wettmachen können. Laut Demoskopen wird sich ihr Bundestrend in Thüringen nicht widerspiegeln. Sie liegen nur bei acht Prozent. Für eine Fortsetzung der bisherigen rot-rot-grünen Koalition wird es daher sehr eng.

Mohring wiederum will weder mit den Linken und schon gar nicht mit der AfD, mit der keiner will. Das betonte er am Mittwoch erneut bei einer Podiumsdiskussion in Erfurt und setzte noch eins drauf. „Ich finde: Höcke ist ein Nazi. Das haben auch andere festgestellt.“ Der AfD-Spitzenkandidat präge diese Partei und sorge mit der AfD-Gruppierung Flügel dafür, dass sich die AfD nach rechts radikalisiere. „Mit denen werden wir nicht zusammenarbeiten“, sagte der CDU-Spitzenkandidat. Für ein Kenia-Bündnis aus CDU, SPD und Grünen – siehe Sachsen und Brandenburg – wird es in Thüringen allerdings voraussichtlich ebenfalls keine Mehrheit geben. Kurzum: Der Freistaat ist gespalten, die drei stärksten Kräfte wollen voneinander nichts wissen. Die Regierungsbildung dürfte somit extrem schwer werden. Das bestätigt auch die jüngste Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa im Auftrag der Thüringer Zeitungen der Funke-Mediengruppe, die am Donnesrtag veröffentlicht wurde. Danach wäre die Linke mit 28 Prozent stärkste Kraft. CDU und AfD lägen gleichauf mit 24 Prozent. Die Grünen bekämen acht Prozent, die SPD neun. Die FDP würde es mit fünf Prozent knapp in den Landtag zurückschaffen.

 Landtagswahl_Thueringen

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Foto: SZ/Steffen, Michael
 Bodo Ramelow ist zuversichtlich, erneut Ministerpräsident von Thüringen zu werden.

Bodo Ramelow ist zuversichtlich, erneut Ministerpräsident von Thüringen zu werden.

Foto: dpa/Matthias Balk

In den Zentralen der Bundesparteien feilt man derweil schon an den Sprachregelungen für den zu erwartenden Ausgang der Landtagswahl. Für die neue CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer ist es die fünfte wichtige Wahl im Amt. Holt der umtriebige Mike Mohring am Sonntag einen Achtungserfolg oder mehr, stärkt das auch die in der Kritik stehende Kramp-Karrenbauer. Ein Blick lohnt sich zudem auf die FDP: Zuletzt scheiterte sie im Osten zweimal an der Fünf-Prozent-Hürde, am Sonntag wird es ebenfalls knapp, auch wenn sie es laut der jüngsten Umfrage gerade so schaffen könnte. Parteichef Christian Lindner kann einen Erfolg aber gut gebrauchen. Sonst werden seine Kritiker wieder lauter werden – und die gibt es inzwischen tatsächlich in der FDP.

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