Streit um die Pflegeversicherung - Linke fordert Bürgerversicherung auch für den Pflegebereich

Berlin · Die Rücklagen der privaten Pflegeversicherung sind mehr als dreimal so hoch wie die der sozialen (gesetzlichen) Pflegeversicherung. Nun wird der Ruf nach einer Zusammenlegung beider Systeme laut.

 SymbolbildLocation:Hamburg

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Foto: Angelika Warmuth (dpa)

Nach Angaben der Bundesregierung wies die soziale Pflegeversicherung Ende 2016 ein Finanzpolster von 9,34 Milliarden Euro aus. Das entspricht 3,8 Monatsausgaben Dagegen verzeichnete die private Pflegeversicherung schon Ende 2015 Reserven in Höhe von 31,04 Milliarden Euro. Gemessen am Umfang der zuletzt gewährten Leistungen könnte die private Pflegeversicherung damit rein rechnerisch gut 30 Jahre lang die Ausgaben für die Pflege ihrer Kunden decken. Für das Jahr 2016 liegen noch keine genauen Angaben vor. Insider gehen aber von einem weiteren Anstieg des Geldbestands auf dann etwa 33 Milliarden Euro aus.
Versicherte in der privaten Pflegeversicherung erhalten die gleichen Leistungen wie Versicherte im sozialen Pflegesystem. Die Beiträge sind jedoch unterschiedlich. Bei den Privatversicherten richten sie sich unter anderem nach den individuellen Gesundheitsrisiken. In der sozialen Pflegeversicherung wird dagegen ein einheitlicher Beitragssatz vom individuellen Lohn fällig. Zum Jahresanfang war der Beitrag um 0,2 Prozentpunkte auf 2,55 beziehungsweise 2,8 Prozent für Kinderlose gestiegen.

"In der privaten Pflegeversicherung sind überwiegend junge, gut verdienende Versicherte, bei denen das Risiko, zum Pflegefall zu werden, deutlich geringer ist als bei den Versicherten in der sozialen Pflegeversicherung", erläuterte die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Sabine Zimmermann, im Gespräch mit unserer Redaktion. Das private System gefährde die langfristige Finanzierbarkeit der sozialen Pflegeversicherung, denn damit würden dem Solidarsystem Beiträge von Gutverdienern mit niedrigen Kostenrisiken entzogen. "Das Nebeneinander von sozialer und privater Pflegeversicherung muss beendet werden", forderte Zimmermann. Auch um den Pflegenotstand zu beheben, sei eine einheitliche solidarische Pflegeversicherung dringend erforderlich, so die Linken-Politikerin. Nach Angaben von Experten liegt die Wahrscheinlichkeit von sozial Pflegeversicherten, im Alter zum Pflegefall zu werden, etwa dreimal so hoch wie die der Versicherten im privaten System.

Der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) wies den Vorstoß der Linken kategorisch zurück. "Anders als in der gesetzlichen Pflegeversicherung bauen die privat Pflegeversicherten von Anfang an mit eigenen, zusätzlichen Beitragsgeldern eine finanzielle Vorsorge für das Pflegerisiko im Alter auf. Angesichts der demografischen Entwicklung wäre die Abschaffung dieser kapitalgedeckten Vorsorge das Gegenteil von nachhaltiger Politik", erklärte PKV-Sprecher Stefan Reker gegenüber unserer Redaktion. Was die Linken forderten, sei eine "verfassungswidrige Enteignung" der von neun Millionen Privatversicherten aufgebauten Vorsorge. Tatsächlich hätten sie derzeit noch eine relativ jüngere Altersstruktur, räumte Reker ein. Die Altersverteilung in beiden Systemen gleiche sich aber kontinuierlich an, so Reker. So habe sich die Zahl der Pflegebedürftigen im privaten System zwischen 2002 und 2014 um fast 47,9 Prozent erhöht. In der sozialen Pflegeversicherung seien es nur 36 Prozent mehr gewesen.

Der Ruf nach einem einheitlichen Pflegesystem basiert auf dem Konzept der so genannten Bürgerversicherung, das einst von der SPD entwickelt wurde. Damit soll auch das Nebeneinander von privater und gesetzlicher Krankenversicherung entfallen.

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