„Streit bringt uns nicht weiter“

Nach den koalitionsinternen Zerwürfnissen in der Gesundheitspolitik startet der zuständige Minister Philipp Rösler (FDP) heute einen neuen Anlauf für eine gemeinsame Reform. In einer zweitägigen Klausur mit den Fachleuten der Regierungsparteien soll es in erster Linie um Einsparungen gehen. Mit dabei ist auch der Vize-Chef der Unionsfraktion, Johannes Singhammer. Mit dem CSU-Politiker sprach unser Berliner Korrespondent Stefan Vetter:

Herr Singhammer, Ihr Generalsekretär Alexander Dobrindt hat der einkommensunabhängigen Gesundheitsprämie von Herrn Rösler gestern erneut eine Absage erteilt. Ist die Kopfpauschale damit endgültig beerdigt?
Johannes Singhammer: Wir gehen mit dem festen Vorsatz in die Gespräche, zu Ergebnissen zu kommen. Streit bringt uns nicht weiter. Wir werden auf Grundlage der Vorgaben der drei Vorsitzenden von CDU, CSU und FDP über die Finanzprobleme im Gesundheitswesen beraten. Dazu gehört vor allem, dass wir die Ausgaben der Kassen in den Griff bekommen müssen. Jeder eingesparte Euro entlastet die Versicherten.

Nach den Vorgaben der Parteichefs sollen aber auch, Zitat, die einkommensunabhängigen Arbeitnehmerbeiträge weiter entwickelt werden. Was versteht die CSU darunter?
Johannes Singhammer: Das bedeutet zum Beispiel, über die gerechte und sinnvolle Weiterentwicklung der geltenden Zusatzbeiträge nachzudenken.

Bislang müssen Versicherte maximal ein Prozent vom Lohn dafür aufwenden. Soll diese Grenze fallen?
Johannes Singhammer: Um zu verhindern, dass Krankenkassen reihenweise Pleite gehen, müssen wir ihnen mehr Spielraum verschaffen. Dabei haben wir eine klare Reihenfolge. Erstens: sparen. Zweitens: Effizienzgewinne erschließen. Und wenn das nicht ausreicht, Einnahmesteigerungen. Das aber wirklich zuallerletzt. Denn Einnahmesteigerungen, wie immer sie auch gestaltet werden, gehen stets auf Kosten der Versicherten.

Die Kassen sind 2011 mit einem Finanzloch von mindestens elf Milliarden Euro konfrontiert. Ohne Mehrbelastung für die Versicherten ist diese Lücke wohl kaum zu schließen.
Johannes Singhammer: Wir haben das Ziel, vier Milliarden Euro einzusparen. Darüber hinaus geht es um die schon erwähnten Effizienzgewinne. Das heißt zum Beispiel, Betrügereien zu vermeiden. Am heutigen Freitag werden wir im Bundestag eine Regelung verabschieden, die den Betrug mit den Gesundheitskarten auf Kosten aller ehrlichen Versicherten erschwert.

Die Opposition mutmaßt, dass Ihnen eine Einsparung von vier Milliarden Euro allenfalls auf dem Papier gelingt, aber nicht in der Praxis.
Johannes Singhammer: Die entsprechenden Vorschläge dazu liegen auf dem Tisch. Dabei geht es nicht um Einschränkungen für die Patienten, sondern um weniger Zuwachs bei Ärzten und Krankenhäusern als in den zurück liegenden Jahren. Die Maßnahmen müssen aber noch genau auf ihr Einsparpotenzial hin geprüft werden. Dann muss geklärt werden, wie viel Zeit wir für die politische Umsetzung brauchen. Denn wir haben ein Ziel: Zum 1. Januar 2011 müssen Einnahmen und Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung wieder im Lot sein.

Die CSU plädiert dazu auch für eine Neuregelung der Praxisgebühr. Was heißt das konkret?
Johannes Singhammer: Wir wollen, dass die Praxisgebühr von zehn Euro wieder von allen gezahlt wird. Das ist auch gerecht. Derzeit gibt es viele Ausnahmen, zum Beispiel durch die Hausarzt-Verträge. Dadurch ist die Praxisgebühr nicht mehr die Regel, sondern eher zur Ausnahme geworden.

Warum setzt die CSU dann nicht gleich bei den Hausarzt-Verträgen an? CDU und FDP wollen die Pflicht der Kassen, solche Verträge abzuschließen, wieder kippen, weil sie das Kassenbudget eher be- statt entlasten.
Johannes Singhammer: Die Hausarztverträge wurden erst vor kurzem eingeführt. Deshalb sollte in Ruhe analysiert werden, welche Wirkungen tatsächlich für die Kassen eintreten.

Werden die Versicherten mit der Klausur wissen, was alles auf zukommt?
Johannes Singhammer: Die Klausur am Wochenende ist ein erster wichtiger Schritt. Bis zur Sommerpause Anfang Juli werden wir die Eckpunkte für die Ausgaben und Einnahmen der Kassen vorlegen. So ist es in der Koalition vereinbart.

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