Esken und Walter-Borjans SPD-Chefs pochen auf Investitionen

Berlin · Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans wollen zusätzliche Milliarden ausgeben. Die Wirtschaft warnt aber vor einer Lockerung der Schuldenbremse.

 Die neuen SPD-Chefs Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken stellen die schwarze Null in Frage.

Die neuen SPD-Chefs Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken stellen die schwarze Null in Frage.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Die neuen SPD-Chefs Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans pochen auf zusätzliche staatliche Milliardeninvestitionen in den kommenden Jahren. „Wir wollen eine Perspektive für zehn Jahre“, sagte Walter-Borjans in Berlin. Wenn die Kassenlage es zulasse, diese Investition ohne Kredit zu tätigen, sei das umso besser. „Wenn die Kassenlage es nicht zulässt, darf man die Investitionen aber nicht wieder zurückfahren.“

Auf ihrem Parteitag im Dezember hatte die SPD sich per Beschluss die Expertise eines arbeitgeber- und eines gewerkschaftsnahen Forschungsinstituts zu eigen gemacht, die von einem zusätzlichen Investitionsbedarf von gut 450 Milliarden Euro ausgeht. Gemeint sind Mittel von Bund, Ländern und Kommunen innerhalb von zehn Jahren. Die SPD-Führung will mit der Union über diese und andere Forderungen verhandeln.

Walter-Borjans sagte: „Die 450 Milliarden Euro basieren ja nicht auf irgendeinem gegriffenen Wert.“ Die zwei Institute hätten sich sehr intensiv Gedanken gemacht. Allein bei der kommunalen Infrastruktur bestehe Investitionsbedarf von 138 Milliarden Euro. „Es geht um frühkindliche Bildung, Verkehrswege, Digitalisierung, Klima“, sagte der ehemalige NRW-Finanzminister. „Die Zustände, die wir hier zum Teil haben, sind mit dem Wohlstandsniveau in einem Land wie Deutschland nur schwer zu vereinbaren.“

Esken sagte mit Blick darauf, dass so ein Investitionsprogramm nicht im Koalitionsvertrag vereinbart ist: „Die wirtschaftliche und die gesellschaftliche Situation in Deutschland hat sich seit dem Beginn der Legislaturperiode verändert.“ Darauf nicht zu reagieren, sei fahrlässig.

„Etwa bei der Schuldigitalisierung oder dem Gute-Kita-Gesetz sagen die Länder zu Recht: Wie geht es nach dem Ende des Programms weiter?“, so Esken. „Da gibt es zu wenig Verlässlichkeit.“ Die Folge sei ein fehlender Personalaufbau in den Kommunen.

Walter-Borjans warnte, wenn die Investitionsmittel nur nach Kassenlage flössen, seien die Ausgaben zyklisch und verschärften Konjunkturschwankungen anstatt ihnen entgegenzuwirken. „Außerdem gibt es so auch nicht die nötige Kalkulierbarkeit für die Planer in den Kommunen, in der Bauwirtschaft und in anderen Bereichen.“

Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft warnten die Bundesregierung derweil vor einem finanzpolitischen Kurswechsel und einer Lockerung der Schuldenbremse. „Die Schulden von heute sind Steuererhöhungen von morgen“, sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer.

Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer sagte: „An die Schuldenbremse würde ich niemals rangehen.“ Es gebe auch so ausreichend Spielraum für Investitionen. „Wenn wir nun wieder großzügig Schulden aufnehmen würden, verlagern wir den Kapitaldienst auf die nächste Generation. Das kann ein Riesendesaster werden.“ Es gebe zwar einen großen Investitionsstau, räumte Kramer ein. „Wir schieben aber gleichzeitig am Jahresende etwa 60 Milliarden Euro an nicht abgerufenen Investitionsmitteln und Haushaltsreserven vor uns her.“ Investitionen scheiterten also nicht am Geld, Hintergrund seien insbesondere schleppende Planungs- und Genehmigungsverfahren.

Dagegen forderte der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Reiner Hoffmann: „Der Staat muss Milliardeninvestitionen für mehrere Jahre zusichern.“ Der dpa sagte er: „450 Milliarden binnen zehn Jahren, wie führende Institute vorgerechnet haben, sind eine realistische Größenordnung.“ Die sogenannte schwarze Null sei nicht mehr zeitgemäß.

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