SPD-Urgestein wurde 92 Jahre alt SPD trauert um „großen Vordenker“ Erhard Eppler

Schwäbisch Hall · Mahner, Streiter und ein großer Sozialdemokrat: Die SPD trauert um Erhard Eppler. Der frühere Bundesminister starb am Samstag im Alter von 92 Jahren in seiner Heimat Schwäbisch Hall, wie die Partei mitteilte.

 Der ehemalige Bundesminister und baden-württembergische SPD-Landeschef Erhard Eppler  Foto: Gollnow/dpa

Der ehemalige Bundesminister und baden-württembergische SPD-Landeschef Erhard Eppler Foto: Gollnow/dpa

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Die kommissarische SPD-Vorsitzende Malu Dreyer würdigte ihn „als einen großen Vordenker in unseren Reihen“. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nannte Eppler einen „wunderbaren Lehrer“.

Der promovierte Gymnasiallehrer, 1926 in Ulm geboren, kam 1956 zur SPD und übernahm dort im Laufe der Jahrzehnte eine Vielzahl an Ämtern und Funktionen. So war er Mitglied im Bundesvorstand und Landesvorsitzender in Baden-Württemberg, er saß im Bundestag und später im Stuttgarter Landtag. Unter Kanzler Kurt Georg Kiesinger (CDU) wurde er 1968 Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und blieb dies auch unter Kanzler Willy Brandt (SPD). Knapp sechs Jahre später legte er den Posten im Streit mit Brandts Nachfolger Helmut Schmidt (SPD) nieder. Zweimal trat er zudem erfolglos als Spitzenkandidat der SPD im Südwesten an.

Dreyer erinnerte in einer Mitteilung unter anderem an Epplers „glühende Leidenschaft für ein vereintes und soziales Europa des solidarischen Miteinanders“. Sie nannte ihn einen brillanten Denker und messerscharfen Analysten. „Er war ein Gscheitle“, sagte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne).

Zahhlreiche SPD-Politiker würdigten das Lebenswerk Epplers. Er sei „ein großer Sozialdemokrat, kritischer Mahner und leidenschaftlicher Streiter“ gewesen, schrieb Vizekanzler Olaf Scholz. Altkanzler Gerhard Schröder bezeichnete Eppler als wichtigen Ratgeber in seiner Amtszeit. „Beim Atomausstieg, bei den Sozialreformen oder bei internationalen Fragen wie dem Kosovo-Krieg und dem Einsatz deutscher Soldaten im Ausland war Epplers Wort unverzichtbar.“

Eppler vertrat schon früh Positionen im Bereich Umweltschutz und Ökologisierung oder in der Friedensbewegung, die heute eher von den Grünen eingenommen werden – und stand damit nicht selten im Widerspruch zur Parteilinie. Im Sommer 1991 hatte sich Eppler aus allen politischen Funktionen verabschiedet, aber nicht aus der öffentlichen Debatte. Zu seinem 90. Geburtstag 2016 sagte die Vorsitzende der SPD-Grundwertekommission, Gesine Schwan, Eppler habe oft wie eine „Kassandra“ gewirkt. Kassandra sieht in der griechischen Mythologie das Unheil voraus, aber sie wird nicht gehört.

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