Plan für besseren Kinderschutz SPD-Fraktion erhöht Druck für Werbeverbot für ungesunde Lebensmittel
Berlin · Vor einem Jahr hat Ernährungsminister Özdemir Pläne für ein Verbot von an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Lebensmittel angekündigt. Bislang verhandelt die Ampel darüber – Parlamentarier dringen jetzt auf Ergebnisse.
Rund 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland sind übergewichtig, darunter knapp sechs Prozent adipös. Besonders an Kinder richtet sich jedoch häufig Lebensmittelwerbung, in der Produkte mit viel Zucker, Fett und Salz angepriesen werden. Um Kinder besser zu schützen, will Bundesernährungsminister Cem Özdemir (Grüne) Werbung für ungesunde Lebensmittel zu bestimmten Zeiten im Fernsehen und online verbieten. Vorgestellt hatte der Minister entsprechende Gesetzespläne bereits im Februar 2023 und war dabei auf Kritik gestoßen, unter anderem vom Ampelpartner FDP. Der Entwurf wurde daraufhin überarbeitet – seitdem ist es um das Vorhaben still geworden.
Doch nun wächst der Druck, dass bald Ergebnisse vorgelegt werden sollen. Ein entsprechender Gesetzentwurf befinde sich in regierungsinternen Abstimmungen, hieß es dazu aus dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Für das Ministerium sei „die Umsetzung des Auftrages aus der Koalitionsvereinbarung für eine Regulierung der an Kinder gerichteten Werbung für Lebensmittel mit zu hohen Zucker-, Salz- und Fettgehalt handlungsleitend“, sagte eine Sprecherin unserer Redaktion. Aus Parlamentskreisen hieß es zum Zeitplan, der Gesetzentwurf sei in der Ressort-Abstimmung so weit gediehen, dass er in einer der kommenden Wochen im Kabinett beschlossen und anschließend dem Bundestag zugeleitet werden könnte. Die parlamentarischen Beratungen könnten dann nach der Sommerpause starten, hieß es weiter.
Ein Plan, den Susanne Mittag, Sprecherin der AG Ernährung und Landwirtschaft der SPD-Bundestagsfraktion, unterstützt: „Das Gesetz zum Schutz von Kindern vor Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt sollte nach der Sommerpause zügig im Bundestag beraten und beschlossen werden“, sagte Mittag unserer Redaktion und erhöhte damit den Druck auf die Verhandler in den Reihen der Ampel-Fraktionen.
Daneben wird seit geraumer Zeit eine weitere Maßnahme diskutiert, um Übergewicht in der Gesellschaft zu bekämpfen: eine Zuckersteuer. SPD-Expertin Mittag sagte dazu: „Freiwillige Selbstverpflichtungen der Industrie haben offensichtlich keinen ausreichenden Effekt, daher befürworten wir als SPD-Bundestagsfraktion eine Zuckerabgabe, wie es auch Verbraucherschutzministerinnen und -minister aus neun Bundesländern tun.“ Allerdings räumt sie ein, dass im Koalitionsvertrag eine Zuckerabgabe nicht vereinbart worden sei. Eine Steuer auf stark zuckerhaltige Getränke etwa, wie sie Großbritannien 2018 eingeführt hat, dürfte also in Deutschland vorerst wenig Aussicht auf Erfolg haben.
Explizit gegen eine solche Abgabe spricht sich etwa Gero Hocker, agrarpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, aus. „Eine Zuckersteuer wäre lediglich eine Scheinlösung, die bereits durch den Koalitionsvertrag ausgeschlossen ist, der sich zurecht gegen Steuererhöhungen ausspricht“, sagte Hocker unserer Redaktion. Stattdessen setze er auf mehr Bewegung und Ernährungsbildung, „damit am Ende jeder die Folgen seines Handelns abschätzen und sich dementsprechend ernähren kann“, so Hocker. Auch der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft, Hermann Färber (CDU), hält nichts von einer solchen Abgabe: „Die Einführung einer Zuckersteuer lehne ich entschieden ab“, sagte Färber unserer Redaktion. Diese würde besonders einkommensschwache Bevölkerungsgruppen treffen und sei sozial ungerecht, erklärte er.