Gesetzentwurf zur Digitalisierung des Gesundheitswesens Wenn der Arzt eine App verordnet

Berlin · Minister Jens Spahn hat einen Gesetzentwurf zur Digitalisierung des Gesundheitswesens vorgelegt. Ärzte, Apotheken und Kliniken werden verpflichtet, mitzumachen.

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Foto: SZ

Im Gesundheitswesen herrscht noch viel Papierkrieg. Das will der zuständige Minister Jens Spahn ändern. Gestern legte der CDU-Politiker einen Gesetzentwurf vor, mit dem die elektronische Patientenakte und weitere digitale Angebote wie etwa Gesundheits-Apps vorangebracht werden sollen.

Spötter sehen im Trauerspiel um die elektronische Gesundheitskarte längst schon Parallelen zum Debakel beim Berliner Pannenflughafen BER: Bereits vor 13 Jahren sollte die Chipkarte das Gesundheitswesen revolutionieren. Doch bis heute hat sie kaum einen Zusatznutzen für die Patienten gebracht. Nun macht Gesundheitsminister Spahn Druck. Erst kürzlich stellte er die zuständige Gesellschaft für Telematikanwendungen (Gematik), deren Effizienz auch der Bundesrechnungshof angezweifelt hatte, unter die Kontrolle seines Ressorts. Zugleich wurde per Gesetz geregelt, dass die Krankenkassen ihren Versicherten spätestens ab Januar 2021 eine elektronische Patientenakte anbieten müssen, in der sich zum Beispiel Impfungen, Blutwerte oder Röntgenbilder speichern lassen. Sie soll mit Hilfe der Chipkarte geöffnet werden können. Möglich ist auch ein Zugang per Smartphone.

Gestern legte Spahn einen weiteren Gesetzentwurf vor, in dem die Ärzte unter Androhung von Honorarkürzungen zur Beteiligung an der digitalen Infrastruktur angehalten werden. Auch Apotheken und Kliniken werden dazu verpflichtet, sich an dieses System anzuschließen. Wie es aus dem Gesundheitsministerium hieß, sind derzeit gerade einmal 64 000 der 176 000 Arztpraxen technisch für die digitale Patientenakte gerüstet. Bis zur Jahresmitte könnte ihre Zahl auf rund 110 000 steigen. Grund für die ärztliche Zurückhaltung ist offenbar die Skepsis gegenüber digitalen Anwendungen. „Der Patient von morgen wird immer noch einen Arzt brauchen“, meinte Spahn. „Aber er wird keinen Arzt mehr ernst nehmen, der nur noch über Karteikarten arbeitet“. Daher müssten die Mediziner den digitalen Wandel „aktiv begleiten“.

Neben der virtuellen Patientenakte wird in dem Gesetzentwurf auch ein erleichterter Zugang zu ärztlichen Videosprechstunden geregelt. Darüber hinaus sollen Patienten künftig Gesundheits-Apps auf Rezept bekommen können. Das heißt, der Arzt verordnet die Applikation und nicht etwa die Krankenkasse. Schon heute helfen solche digitalen Anwendungen zum Beispiel bei der regelmäßigen Einnahme von Medikamenten. Auch für Diabetiker oder Schwangere gibt es bereits spezielle Apps. Spahn versicherte, dass Datenschutz und Datensicherheit dabei „höchste Priorität“ hätten.

Laut Gesetzentwurf entscheidet ohnehin der Patient darüber, ob und mit welchen Daten seine elektronische Krankenakte gefüttert wird. Der Arzt muss diesen Willen akzeptieren. Im Gesundheitsministerium ist man sich aber sicher, dass die Bereitschaft in dem Maße steigen wird, je mehr die Patienten einen Nutzen in der digitalen Umstellung erkennen. Tatsächlich können damit zum Beispiel Doppelbehandlungen vermieden werden – und natürlich auch die lästige Suche nach früheren Befunden auf Papier.

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