Sinnvolle Arbeit - mieses Einkommen

Berlin · Der Tarifkonflikt beim Kita-Personal schwelt nun schon seit fast zwei Monaten. Am heutigen Samstag wollen viele Betroffene in mehreren Großstädten wieder auf die Straße gehen, um für eine bessere Bezahlung zu demonstrieren. Pünktlich dazu hat der DGB eine Umfrage unter Erzieherinnen zu deren Arbeitsbedingungen ausgewertet, die ihre Forderungen untermauern soll.

Nach der Untersuchung, die unserer Zeitung vorliegt, sind 96 Prozent davon überzeugt, mit ihrer Arbeit einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten. Bei allen anderen Berufsgruppen sind es im Schnitt nur 67 Prozent. Ebenfalls nahezu alle Arbeitnehmer im Erziehungsbereich, nämlich 97 Prozent, identifizieren sich in hohem beziehungsweise sehr hohem Maße mit ihrer Tätigkeit. Und das, obwohl viele Beschäftigte starke psychische und physische Belastungen im Beruf beklagen. Knapp 40 Prozent geben an, dass sie wegen des großen Arbeitspensums zu Abstrichen bei der Qualität gezwungen seien, eine Erziehung und Betreuung in fachlich gebotener Weise somit also öfter auf der Strecke bleibt. Ebenfalls rund 40 Prozent sehen in ihrem Job eine körperlich schwere Arbeit. In allen anderen Berufen liegt dieser Anteil nur bei 31 Prozent. Kennzeichnend für die Arbeitsbedingungen der Erzieherinnen ist der Umfrage zufolge auch ein außerordentlich hoher Lärmpegel. Knapp 90 Prozent sagen, diesem Belastungsfaktor sehr häufig oder oft ausgesetzt zu sein. Bei allen anderen Berufsgruppen nehmen das im Schnitt nur 41 Prozent der Beschäftigten für sich in Anspruch. Wegen der hohen Belastungen geht dann auch nur jede dritte Erzieherin davon aus, im Beruf bis zur Rente durchzuhalten.

Bleibt die Schlüsselfrage nach der Zufriedenheit mit ihrer gegenwärtigen Entlohnung: Immerhin zwei Drittel der Kita-Beschäftigten schätzen ihre Bezahlung als nicht leistungsgerecht ein. In allen anderen Berufen empfindet dagegen nur durchschnittlich jeder zweite eine starke Diskrepanz zwischen der eigenen Arbeitsleistung und der Vergütung.

"Wir brauchen dringend eine Aufwertung, die der gesellschaftlichen Bedeutung sozialer und erzieherischer Berufe gerecht wird", sagte DGB-Vorstandmitglied Annelie Buntenbach unserer Zeitung. In den Verhandlungen der vergangenen Wochen hätten die Arbeitgeber aber noch keinen Vorschlag gemacht, der diesem Ziel gerecht werde.
Die Gewerkschaften pochen auf eine höhere Eingruppierung der fast 240.000 Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst, was einer durchschnittlichen Lohnsteigerung von zehn Prozent entspricht. Die Arbeitgeber lehnen diese Forderung als unfinanzierbar ab. Bis zum 22. Juni soll es in einem Schlichtungsverfahren zum Kompromiss kommen. In diesem Zeitraum darf nicht gestreikt werden.

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