Gas-Umlage trifft ab Oktober Hunderttausende Verbraucher Senkung des Mehrwertsteuersatzes auf Gas nicht mit Ländern abgestimmt – „äußerst ärgerlich“, heißt es in Kiel

Exklusiv | Berlin · Schleswig-Holstein protestiert stellvertretend für die Bundesländer beim Bund: Die Senkung des Mehrwertsteuersatzes sei nicht mit den Ländern abgestimmt worden. Dennoch will das Land im Bundesrat zustimmen – unter einer Bedingung.

 Schleswig-Holsteins Finanzministerin Monika Heinold (vorne links, Grüne), CDU-Ministerpräsident Daniel Günther (vorne rechts) und das schwarz-grüne Kieler Kabinett.

Schleswig-Holsteins Finanzministerin Monika Heinold (vorne links, Grüne), CDU-Ministerpräsident Daniel Günther (vorne rechts) und das schwarz-grüne Kieler Kabinett.

Foto: dpa/Marcus Brandt

Schleswig-Holsteins Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) hat der Bundesregierung vorgeworfen, die Senkung des Mehrwertsteuersatzes auf Erdgas auf sieben Prozent nicht zuvor mit den Ländern abgestimmt zu haben. „Es ist äußerst ärgerlich, dass die Bundesregierung die Senkung des Mehrwertsteuersatzes auf Erdgas wieder nicht mit den Ländern abgesprochen hat“, sagte Heinold unserer Redaktion. „Schon das letzte Entlastungspaket der Bundesregierung, das über Nacht kam, war Null mit uns abgestimmt“, sagte die Grünen-Politikerin. Das Land verliere allein dadurch 190 Millionen Euro an Steuereinnahmen. „Schleswig-Holstein wird dem reduzierten Gas-Mehrwertsteuersatz im Bundesrat zwar zustimmen. Aber ich erwarte, dass die Bundesregierung das dritte Entlastungspaket unbedingt vorher mit uns Ländern abstimmt“, mahnte Heinold.

„Die befristete Senkung des Mehrwertsteuersatzes auf Erdgas ist die richtige Maßnahme, aber wir dürfen nicht aus dem Blick verlieren, dass wir gleichzeitig noch mehr Anreize zum Energiesparen brauchen. Außerdem müssen im nächsten Entlastungspaket gezielt kleine und mittlere Einkommen und auch Rentner entlastet werden. Wer wie ich viel verdient, muss gar nicht entlastet werden. Einkommen ab 100.000 Euro können die erhöhte Gasrechnung gut schultern“, sagte die Grünen-Politikerin.

Hunderttausende Verbraucher müssen die staatliche Gasumlage bereits am 1. Oktober zahlen und spüren damit deutliche Preissteigerungen. Viele lokale Versorger kündigten nach einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur fristgerecht an, die Umlage schon zum Start an ihre Kunden weiterzugeben. Ob die von der Bundesregierung geplante Mehrwertsteuersenkung auf Gas dann schon beschlossen ist, ist offen. Sozialverbände forderten zusätzliche Entlastungen für die Bürgerinnen und Bürger.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte am Donnerstag gesagt, der Steuersatz auf den Gasverbrauch solle von bisher 19 auf sieben Prozent fallen. Dies soll so lange gelten, wie die Gasumlage erhoben wird, also bis Ende März 2024. Bundestag und Bundesrat müssen noch zustimmen -– soll dies noch vor Oktober passieren, müssen die Entwürfe sehr schnell ausgearbeitet werden. Die EU-Kommission hatte zuvor erklärt, eine vollständige Befreiung der Umlage von der Mehrwertsteuer sei nach EU-Recht nicht möglich.

Der Effekt der Steuersenkung ist für den einzelnen Bürger geringer als von Scholz zunächst dargestellt. Die Steuersenkung gleiche die Steuermehreinnahmen durch die staatliche Gasumlage aus, nicht aber die gesamte Umlage für die Bürger, sagte ein Regierungssprecher in Berlin. Scholz hatte am Donnerstag dagegen betont: „Mit diesem Schritt entlasten wir die Gaskunden insgesamt deutlich stärker als die Mehrbelastung, die durch die Umlagen entsteht.“

Mit der Gasumlage in Höhe von 2,4 Cent je Kilowattstunde können ab Oktober wegen der starken Drosselung russischer Lieferungen stark erhöhte Beschaffungskosten an die Verbraucher weitergeben werden. Die Bundesregierung will damit Insolvenzen und einen Zusammenbruch der Energieversorgung verhindern. (mit dpa)

(mit dpa)
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