Defizite wegen Corona-Schulschließungen Lehrer- und Elternverbände dringen auf weitere Hilfen für Schüler
Berlin · Die Schulschließungen während der Pandemie haben bei Kindern und Jugendlichen zu Lernlücken und psychischen Problemen geführt. Schon 2021 hatte die Bundesregierung deshalb ein milliardenschweres Hilfsprogramm auf den Weg gebracht. Doch viele Schüler haben noch immer Defizite.
Insgesamt 183 Tage waren die Schulen in Deutschland während der Corona-Pandemie teilweise oder vollständig geschlossen. Im Krisenstab des Robert-Koch-Instituts gab es Zweifel, ob sich die Maßnahme zur Eindämmung des Infektionsgeschehens eignet, Experten warnten vor schwerwiegenden Folgen für Kinder. Heute steht fest: Vielen Schülern sind in der Zeit der Lockdowns tatsächlich erhebliche Lernlücken entstanden, unzählige litten zudem massiv unter der Isolation.
Um diese negativen Folgen der Corona-Pandemie aufzufangen, rief die Bundesregierung im Frühjahr 2021 das Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ ins Leben. Zwei Milliarden Euro wurden dafür vom Bundesbildungsministerium und vom Bundesfamilienministerium bis Dezember 2022 zur Verfügung gestellt. Aufgestockt wurde auch der „Digitalpakt Schule“, um die Organisation des Online-Unterrichts zu unterstützen.
Dass diese Maßnahmen viel bewirkt haben, glaubt der Vorsitzende des Bundeselternrates Dirk Heyartz: „Das Aktionsprogramm und der Digitalpakt haben entscheidend dazu beigetragen, die Herausforderungen der pandemiebedingten Schulschließungen zu bewältigen“, sagte Heyartz unserer Redaktion. Dennoch sieht er weiteren Handlungsbedarf: „Trotz der intensiven Bemühungen bestehen bei vielen Schülerinnen und Schülern weiterhin Lernrückstände aus der Corona-Zeit“, so der Elternratsvorsitzende.
Vor allem Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien oder mit besonderem Förderbedarf hätten Schwierigkeiten gehabt, mit dem digitalen Unterricht Schritt zu halten, erklärte Heyartz. Notwendig sei deshalb „eine Verlängerung und Ausweitung von Fördermaßnahmen, etwa durch Fortsetzung individueller Förderprogramme, um die verbliebenen Lernrückstände aufzuarbeiten.“
Weil wegen der Schulschließungen auch die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen gelitten hat, muss es laut Heyartz weitere Unterstützung geben: „Durch das Förderprogramm des Bundes wurden Maßnahmen zur psychologischen Unterstützung initiiert, diese müssen weiter ausgebaut werden“, so der Elternratsvorsitzende. Konkret brauche es „mehr Schulpsychologen, Sozialarbeiter und pädagogische Fachkräfte, um die psychische und soziale Gesundheit zu fördern.“
Ähnlich sieht das Christoph Rabbow, Vorsitzender des Philologenverbands Niedersachsen: „Beratungslehrer und Sozialarbeiter müssen an jede Schule, eine Schule mit über 1000 Schülern braucht außerdem einen Jugendpsychologen“, betonte Rabbow im Gespräch mit unserer Redaktion.
Auch Rabbow weiß, dass viele Schüler neben den psychischen Folgen der Krise weiterhin mit daraus entstandenen schulischen Defiziten zu kämpfen haben und weitere Unterstützung benötigen, um diese Rückstände aufzuarbeiten. Die dafür veranschlagten zwei Milliarden Euro aus dem Aktionsprogramm des Bundes seien ein Anfang gewesen, aber nicht ausreichend, betonte er: „Bei rund elf Millionen Schülern in Deutschland sind das 180 Euro pro Schüler, das ist ein Wert von sechs Nachhilfestunden. Zu wenig um die Rückstände zu kompensieren, die durch ein halbes Jahr Schulschließungen entstanden sind.“