"Romney ist schwer einzuschätzen"

Heute Abend (Ortszeit) findet das dritte TV-Duell zwischen US-Präsident Barack Obama und seinem republikanischen Herausforderer Mitt Romney statt. Nach Ansicht des Koordinators der Bundesregierung für die deutsch-amerikanischen Beziehungen, Harald Leibrecht (FDP), ist noch nichts entschieden. Deutschland müsse sich auf neue Erwartungen einstellen, sollte Romney Präsident werden, so Leibrecht im Gespräch mit unserer Zeitung.

Herr Leibrecht, wer macht bei den Präsidentschaftswahlen in den USA das Rennen - Obama oder Romney?

Leibrecht: Die Lage für Obama hat sich verbessert. Gewonnen ist aber noch nichts. Er ist viel kämpferischer geworden. Das war auch notwendig. Denn was in den USA zählt ist, dass der Präsident als Führungskraft überzeugt.

Würden Sie in den Chor derer einstimmen die sagen, Obamas Bilanz ist eigentlich enttäuschend?

Leibrecht: Obama musste erst viele Widrigkeiten der Vorgänger-Regierung unter Bush beiseite schaffen. Allerdings hat man auch bei der Einführung der Gesundheitsreform gemerkt, wie schwierig er es gehabt hat, seine Politik umzusetzen. Man muss wissen, nicht alle Amerikaner sind darüber begeistert, dass der Staat sich mehr und mehr in den sozialen Bereich einbringt. Etwas, was für uns Deutsche unverständlich ist. Aber die Amerikaner sind eben sehr staatskritisch.

Was würde ein Präsident Romney für die deutsch-amerikanischen Beziehungen bedeuten?

Leibrecht: Die transatlantischen Beziehungen sind derzeit sehr gut. Ein Präsident Romney dürfte von Europa und damit auch von Deutschland erwarten, mehr Verantwortung in der Welt zu übernehmen.

Was heißt das konkret?

Leibrecht: Es steht ja immer wieder die Forderung im Raum, dass Europa sich stärker bei den Verteidigungsausgaben engagieren müsse. Das ist bei uns nicht sonderlich populär. Wir unterstützen dieses Ansinnen nicht angesichts des Konsolidierungs- und Sparkurses, der in Europa eingeschlagen worden ist. Gleichwohl ist Romney nun mal außenpolitisch ein unbeschriebenes Blatt. Das macht es schwierig, ihn einzuschätzen.

Hat demgegenüber Obama mehr Verständnis für die Probleme Europas?

Leibrecht: Natürlich sind die USA daran interessiert, dass Europa die Staatschuldenkrise in den Griff bekommt. Es wird von der Obama-Regierung sehr honoriert, dass die Bundesregierung sich diesbezüglich stark einbringt und an einer schnellen Lösung arbeitet. Alles braucht aber auch mehr Zeit als ursprünglich von den Amerikanern erwartet.

Anfänglich hat es gehakt zwischen Obama und Kanzlerin Merkel. Wie ist das Verhältnis heute?
Leibrecht: Auch wenn Obama nicht bei jeder Europareise nach Deutschland kommt, die Beziehungen sind sehr gut. In kritischen Fragen können sich die deutsche und amerikanische Seite offen verständigen.

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