Neues Gutachten des wissenschaftlichen Beirats Ökonomen sehen Habeck bei Klimastrategie auf dem falschen Weg

Berlin · Die Berater von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) raten ihm von den geplanten teuren Klimaschutzverträgen mit der Stahl-, Chemie- und Zementindustrie ab. Es gebe eine Alternative, wie die Industrie bis 2045 auf den Pfad hin zur Klimaneutralität gebracht werden könne, die effektiver und günstiger ist.

 Nach einem anstrengenden, zweitägigen Besuch in Washington saß Vize-Kanzler Robert Habeck (Grüne) am Mittwoch schon wieder im Bundeskabinett.

Nach einem anstrengenden, zweitägigen Besuch in Washington saß Vize-Kanzler Robert Habeck (Grüne) am Mittwoch schon wieder im Bundeskabinett.

Foto: AP/Markus Schreiber

Regierungsberater sehen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in der Klimaschutzpolitik auf dem falschen Weg: In einem Gutachten fordern sie Habeck auf, noch umzusteuern und ein zentrales Instrument seiner Klimastrategie weitgehend zu verwerfen. Statt in erster Linie auf sogenannte Klimaschutzverträge für die besonders energieintensive Stahl-, Chemie- und Zementindustrie zu bauen, solle Habeck lieber auf sogenannte „grüne Leitmärkte“ setzen. Dabei würde der Staat der Industrie die gesetzliche Auflage erteilen, für ihre Produkte eine bestimmte Menge „grünen Stahls“ zu verwenden – Stahl, der mit Wasserstoffenergie statt mit fossiler Energie hergestellt wurde.

Bislang bilden die Klimaschutzvertrage jedoch den Schwerpunkt in Habecks Konzept. Es sieht Verträge zwischen dem Staat und besonders energieintensiven Industriebetrieben vor: Wer seine Produktion mit grünem Stahl klimafreundlich macht, soll dafür für 15 Jahre sowohl Geld für Investitionen als auch jährlich Mittel für die teurere, grüne Produktion vom Staat bekommen. Die ersten dieser Verträge sind nach einer Verzögerung im letzten Jahr nun bis Ende des laufenden Quartals geplant.

Die Verträge hätten aber insgesamt zu viele Nachteile, kritisierten die Ökonomen. „Klimaschutzverträge sind ein tiefer Eingriff des Staates in den Markt und mit einer Reihe von Problemen verbunden“, heißt es in dem Gutachten des wissenschaftlichen Beirats des Wirtschaftsministers. Die Verträge seien sehr teuer, weil der Staat immer einen erheblichen Informationsnachteil gegenüber der Industrie habe, den diese in den Vertragsverhandlungen ausspielen könne. „Sie bedeuten einen tiefgreifenden Eingriff des Staates in die Produktionsentscheidungen der Unternehmen. Weil der Staat nicht der bessere Unternehmer ist, kann das mit erheblichen Effizienzverlusten und Finanzierungsrisiken verbunden sein.“ Niemand wisse heute, wann die Kosten künftig sinken würden.

Habeck solle daher die Klimaschutzverträge auf wenige Unternehmen als „Pilotprojekte“ begrenzen, um kurzfristig beim Klimaschutz voranzukommen, aber ansonsten stärker auf die „grünen Leitmärkte“ setzen, sagten die Gutachter Klaus Schmidt und Achim Wambach. Dabei würde der Staat der Industrie bestimmte Quoten für den Anteil an „grünem Stahl“ gesetzlich vorgeben. Dadurch würde neben dem „normalen“ Markt ein zweiter, subventionierter Markt für „grünen Stahl“ entstehen. „So kann beispielsweise vorgeschrieben werden, dass ein bestimmter Anteil eines Produkts aus grünem Stahl bestehen muss, zum Beispiel 20 Prozent, und dass dieser Anteil im Zeitablauf kontinuierlich steigt.“ Dies würde für alle Produkte gelten, in denen Stahl enthalten ist, etwa Autos oder Waschmaschinen. Dadurch würden die Mehrkosten für „grünen Stahl“ auch von den Konsumenten mitgetragen. Ein Neuwagen mit „grünem Stahl“ sei für den Verbraucher um 300 bis 700 Euro teurer als ein herkömmliches Auto, sagte Schmidt.

Zudem solle ein Zertifikatehandel für klimafreundlich produzierten Stahl eingeführt werden: Wenn nur zehn statt 20 Prozent grüner Stahl in einem Produkt enthalten sei, müsse das Unternehmen auf dem Markt Zertifikate hinzukaufen. Dadurch würden die fiskalischen Kosten für den teureren grünen Stahl gesenkt.

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