Halbzeit für die Koalition Merkel und Scholz rühmen Groko-Bilanz

Berlin · Zur Halbzeit sind „wir immer noch arbeitsfähig und arbeitswillig“. Sagt die Kanzlerin. Bald entscheidet die SPD allerdings über die Fortführung der Koalition.

 12. März 2018 in Berlin: Kanzlerin Angela Merkel, der damalige CSU-Vorsitzende Horst Seehofer und der damals kommissarische SPD-Chef Olaf Scholz halten nach der Unterzeichnung den Koalitionsvertrag hoch. Die Halbzeitbilanz der Groko fällt jetzt, vor allem stimmungsmäßig, durchwachsen aus.

12. März 2018 in Berlin: Kanzlerin Angela Merkel, der damalige CSU-Vorsitzende Horst Seehofer und der damals kommissarische SPD-Chef Olaf Scholz halten nach der Unterzeichnung den Koalitionsvertrag hoch. Die Halbzeitbilanz der Groko fällt jetzt, vor allem stimmungsmäßig, durchwachsen aus.

Foto: dpa/Wolfgang Kumm

19 Monate nach ihrer Ernennung haben die Minister der großen Koalition am Mittwoch eine Halbzeitbilanz ihrer Tätigkeit gezogen. Das Kabinett nahm einen umfangreichen Bericht zur Kenntnis, der die bisherigen Gesetze, aber auch zahlreiche noch anstehende Vorhaben auflistet. Ob das Bündnis aus CDU, CSU und SPD allerdings diesen Winter übersteht, entscheidet nicht die Regierung, sondern vor allem der SPD-Parteitag in vier Wochen.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, von 300 geplanten großen Maßnahmen seien zwei Drittel vollendet oder auf den Weg gebracht worden. „Das zeigt, dass wir arbeitsfähig und arbeitswillig sind.“ Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) meinte, die Tatsache, dass eine solche Bestandsaufnahme zur Halbzeit im Koalitionsvertrag festgeschrieben worden sei, habe wesentlich zum schnellen Abarbeiten der Vorhaben beigetragen. Er hob „große Fortschritte“ bei der sozialen Sicherung, der Familienpolitik sowie beim Thema Wohnen und Mieten hervor. Es sei aber „noch was zu tun“.

Der Bericht der Regierung umfasst über 80 Seiten. Entlang der Kapitel des Koalitionsvertrages wird detailliert dokumentiert, was davon schon erledigt oder noch in Arbeit ist. Von Gute-Kita-Gesetz bis Kindergelderhöhung, von Klimapaket bis Forschungsförderung. Selbst Kleinigkeiten bleiben nicht unerwähnt, etwa die Einrichtung einer „Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt“ mit Sitz in Neustrelitz oder der „Masterplan Stadtnatur“ zum Insektenschutz. An die Auflistung knüpft jeweils ein Absatz an, in dem dargestellt wird, was noch beabsichtigt ist.

Hier wird unter anderem auch die strittige Grundrente erwähnt, über die es heißt, sie solle „zielgenau sein und denen zugutekommen, die sie brauchen“. Dass dafür eine „Bedürftigkeitsprüfung“ eine zwingende „Voraussetzung“ sein soll, wie es noch im Koalitionsvertrag heißt, wird nicht explizit wiederholt. Die neue Formel soll offenbar einen Kompromiss möglich machen.

Insgesamt nimmt das Bündnis für sich in Anspruch, „für die großen Fragen unserer Zeit zukunftsfähige Lösungen zu entwickeln“. Im Vorspann des Textes wird auch auf die Konjunkturflaute hingewiesen, die bei Abfassung des Koalitionsvertrages noch nicht absehbar war. Deutschland sei als Exportnation verwundbar. Umso mehr gelte es, in die Zukunft zu investieren, was die Regierung getan habe.

Eine solche Zwischenbilanz ist für Koalitionen ein Novum. Sie hatte vor allem die SPD-Basis verlangt, bei der die Widerstände gegen eine Neuauflage des Regierungsbündnisses vor zwei Jahren am größten waren. Sie wollte so eine im Koalitionsvertrag quasi eingebaute Möglichkeit bekommen, entweder vorzeitig aus dem Bündnis auszusteigen oder den Vertrag nachzubessern.

Die SPD entscheidet darüber nun auf ihrem Parteitag Anfang Dezember. Es liegen bereits Anträge für eine Beendigung der Groko vor. Das Parteipräsidium will am kommenden Montag über seine Haltung diskutieren und dem Parteivorstand einen Vorschlag machen. Erwartet wird, dass das Präsidium für eine Fortsetzung der Koalition unter Bedingungen votiert. Was der Parteivorstand den Delegierten empfiehlt, wird sich jedoch voraussichtlich erst nach dem Ergebnis der Urabstimmung über den Parteivorsitz am 30. November entscheiden. Hier kandidieren die Duos Olaf Scholz mit Klara Geywitz (GroKo-Befürworter) und Norber Walter-Borjans mit Saskia Esken (GroKo-Skeptiker) gegeneinander.

Die SPD-Bundestagsfraktion äußerte sich bereits positiv zur Zwischenbilanz der Koalitionsarbeit. „Rund 90 Prozent der Abgeordneten sind zufrieden mit dem, was wir bisher gemacht haben“, sagte Fraktionsgeschäftsführers Carsten Schneider. Beim CDU-Parteitag am 22. November in Leipzig steht die Frage der Fortsetzung der Koalition nicht auf der Tagesordnung. Die Union möchte das Bündnis gerne fortsetzen.

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