Reisen in Corona-Zeiten Für die Urlaubszeit „Auf-Sicht-Fahren“ keine Strategie mehr

Meinung | Berlin · In zwei Wochen ist Pfingsten, in gerade einmal sechs Wochen beginnen in den ersten Bundesländern die Sommerferien. Doch die Bundesregierung lässt noch immer klare Regelungen für das Reisen inner- und außerhalb Europas vermissen. Es ist an der Zeit, dass sie endlich Klarheit schafft.

 Es gibt gute Gründe, die Hürden für Fernreisen außerhalb Europas noch hoch zu setzen.

Es gibt gute Gründe, die Hürden für Fernreisen außerhalb Europas noch hoch zu setzen.

Foto: dpa/Kevin Kurek

Die Inzidenzen in Deutschland sinken seit Tagen, immer mehr europäische Länder lockern ihre Beschränkungen, selbst die Bundeskanzlerin zeigt sich „hoffnungsfroh“, dass auch Deutschland auf einen entspannteren Sommer zusteuert – und trotzdem fehlt es immer noch an klaren Perspektiven für die Urlaubszeit. Dabei spricht die aktuelle Entwicklung der Corona-Kennzahlen und die Prognosen von Virologen wie Modellieren eine eindeutige Sprache: Das Infektionsgeschehen dürfte demnach in den kommenden Wochen weiter rückläufig sein, solange der R-Wert unter dem kritischen Wert von 1 bleibt. Doch anstatt daraus klare Rahmenbedingungen für das Reisen abzuleiten, vertröstet die Bundesregierung die Bürger mit halbgaren Aussagen. So etwa Gesundheitsminister Jens Spahn, der Reisen innerhalb Europas „voraussichtlich“ ohne Impfung für möglich hält. Mit solchen Vorgaben lässt sich nicht verlässlich planen. Es ist an der Zeit, dass die Bundesregierung endlich Klarheit schafft.

Schon in zwei Wochen ist Pfingsten, in gerade einmal sechs Wochen beginnen in den ersten Bundesländern die Sommerferien. Nur eingefleischte Last-Minute-Liebhaber haben sich da noch nicht mit der Frage beschäftigt, wie und wo sie die nahenden Urlaubswochen verbringen. Das von Spahn ausgegebene Credo „Nordsee statt Südsee“ mag zwar für manch Unentschlossene ein willkommener Urlaubstipp sein. Aber Hand aufs Herz, selbst der Gesundheitsminister kann kein ernsthaftes Interesse daran haben, dass alle Deutschen sich dicht an dicht an den heimischen Küsten tummeln. Deswegen braucht es schleunigst Regelungen für das Reisen inner- und außerhalb Europas, an denen man sich orientieren kann.

Dabei gibt es gute Gründe, die Hürden für Fernreisen hoch zu setzen. Intensivmediziner und Gesundheitsexperten schlagen sogar Doppeltestungen bei Rückkehr aus nicht-europäischen Ländern vor: Mit der Kombination aus Schnell- und PCR-Test sollen sowohl neue Infektionen als auch das Einschleppen neuer Virusvarianten verhindert werden. Die praktischen Vorschläge für angepasste Vorschriften zur Urlaubszeit liegen auf dem Tisch – und sie zeigen zugleich die Regelungslücke auf, die die Bundesregierung mit ihrer abwartenden Haltung hinterlässt. Die derzeitige Lage ist kniffelig: Die Infektionszahlen sinken zwar, aber sie liegen immer noch auf zu hohem Niveau; die Beschränkungen für Nicht-Geimpfte gelten noch, doch die Öffnungsdebatte nimmt an Fahrt auf. Wenn politischen Verantwortungsträger nicht riskieren wollen, dass sich Übermut breitmacht, sollten sie ihren Appellen zur Zurückhaltung bei großen Reisen auch klare Vorgaben folgen lassen. Die Strategie des „Auf-Sicht-Fahrens“ hat sich längst überholt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort