Anerkennung der Elternschaft EU stärkt Rechte von Kindern in Regenbogenfamilien

Brüssel · Wer in einem Land einen Vater und eine Mutter hat, soll sie künftig auch in allen anderen EU-Ländern haben. Dieses Prinzip von anerkannten Kinderrechten unabhängig von der Familienform über Grenzen hinweg ist Teil eines Gleichstellungspaketes, das die EU-Kommission auf den Weg brachte.

 Vera Jourova, Vizepräsidentin der EU-Kommission, Mitte November bei einer Veranstaltung in Mainz.

Vera Jourova, Vizepräsidentin der EU-Kommission, Mitte November bei einer Veranstaltung in Mainz.

Foto: dpa/Arne Dedert

Die unterschiedliche Behandlung von Regenbogenfamilien in den EU-Staaten hat sich die EU-Kommission mit einem Gleichstellungspaket vorgeknöpft. Wer in einem EU-Staat einen Menschen als Mutter oder Vater hat, soll dies künftig auch in allen anderen haben. Entsprechende Anträge sollen dann nicht mehr etwa mit Hinweis auf ein gleichgeschlechtliches Elternpaar abgelehnt werden können. Damit würden die Kinderrechte gestärkt, sodass sie Zugang zu Unterhalt, Erbe oder schulischen Entscheidungen hätten, erläuterte EU-Vizekommissionspräsidentin Vera Jourová.

„Alle Kinder sollten die gleichen Rechte haben, unabhängig davon, wie sie gezeugt oder geboren wurden und in welcher Familienform sie leben“, betonte EU-Justizkommissar Didier Reinders. Zu diesem Zweck soll unter anderem ein europäisches Elternschaftzertifikat eingeführt werden. Die neue Regelung kann jedoch erst in Kraft treten, wenn das Parlament damit befasst und die Mitgliedstaaten sie einstimmig gebilligt haben.

Aus dem Parlament kamen bereits erste unterstützende Stimmen. Die Gleichstellungsexpertin der christdemokratischen EVP-Fraktion, Christine Schneider, begrüßte das Vorhaben ausdrücklich, denn vor allem Kinder litten derzeit unter den Problemen, die sich bei grenzüberschreitenden Situationen ergäben. „Als Abgeordnete aus einer Grenzregion freut es mich, dass wir demnächst in Fragen des Rechts der Eltern, als gesetzlicher Vertreter des Kindes zu handeln (in Schul- oder Gesundheitsfragen), des Erbrechts, des Unterhalts und des Sorgerechts besser die Interessen der Kinder schützen“, sagte die rheinland-pfälzische CDU-Europa-Abgeordnete unserer Redaktion.

Zugleich brachte die Kommission eine Verordnung auf den Weg, mit der die Rolle von Gleichstellungsstellen gestärkt werden soll. Diese böten Diskriminierungsopfern direkt Hilfe sowie Unterstützung bei der Wahrung ihrer Rechte und seien damit „für eine funktionierende Demokratie von zentraler Bedeutung“, erklärte Vizepräsidentin Jourová. Aus diesem Grund will die Kommission Gleichstellungsstellen erweiterte Kompetenzen geben, ihre Unabhängigkeit fördern und die Mitgliedstaaten verpflichten, die Stellen mit ausreichend personellen, technischen und finanziellen Ressourcen zu versorgen, damit sie alle ihre Aufgaben wirksam erfüllen können. Vor Gericht sollen Gleichstellungsstellen ebenfalls in Streitfällen tätig werden können.

Zuvor hatte sich der Covid-19-Fachausschuss des EU-Parlamentes mit der Frage beschäftigt, ob die Pandemie unterschiedliche Auswirkungen auf Männer und Frauen hatte - und dabei weitere Anlässe für verstärkte Gleichstellungsversuche im gesellschaftlichen, sozialen und Gesundheitsbereich gefunden. So berichtete Diana Ongiti vom Internationalen Roten Kreuz den Ausschussmitgliedern von einem in Pandemiezeiten steigenden Risiko für Frauen und Mädchen. Sie seien dem Virus stärker ausgesetzt gewesen als Männer und häufiger Opfer häuslicher Gewalt geworden in Zeiten der Isolation. Weil Frauen zehn Mal mehr Pflegearbeit leisteten als Männer, sei auch ihr Risiko, selbst an Corona zu erkranken, deutlich höher gewesen. Zudem seien die Jobs von Frauen krisenanfälliger.

Lina Salanauskaite vom EU-Gleichstellungsinstitut informierte über internationale Untersuchungen, wonach zu 72 Prozent Frauen in den Gesundheitssystemen Covid bekommen hätten. Aktuell seien auch mehr Frauen als Männer von Long-Covid betroffen.

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