Deutsche Entschädigungen Polen fühlt sich bei Weltkriegs-Reparationen diskriminiert

Warschau · Die rechtskonservative Regierung in Warschau bekräftigt vor dem 80. Jahrestag des Kriegsbeginns ihre Haltung zu deutschen Entschädigungen.

 Der polnische Außenminister Jacek Czaputowicz

Der polnische Außenminister Jacek Czaputowicz

Foto: dpa/Monika Skolimowska

Kurz vor dem 80. Jahrestag des Beginns des Zweiten Weltkriegs beklagt Polen, dass es bei den deutschen Reparationsleistungen deutlich benachteiligt worden sei. Der polnische Außenminister Jacek Czaputowicz sagte in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur, bei der Entschädigung der von Deutschland angegriffenen Länder habe es „einen Mangel an grundsätzlicher Fairness“ gegeben. „Polen wurde in diesem Prozess diskriminiert.“

Obwohl Polen besonders stark unter den Angreifern und Besatzern des Nazi-Regimes gelitten habe, sei der Anteil an den Entschädigungszahlungen „minimal“ gewesen. „Es gibt Länder, die ein Vielfaches weniger verloren haben, aber mehr Kompensation bekommen haben. Ist das in Ordnung?“, fragte Czaputowicz. „Die zentrale Frage ist, ob Polen im Vergleich zu anderen Staaten fair behandelt wurde.“ Dabei nannte er Frankreich und die Niederlande.

Polen hatte im Zweiten Weltkrieg gemessen an der Gesamtbevölkerung so viele Tote zu beklagen wie kein anderes Land. Vier bis sechs Millionen Polen kamen ums Leben – und damit etwa jeder sechste bis siebte Einwohner. Auch der Grad der Zerstörung durch den Vernichtungskrieg der Nazis war vergleichsweise hoch. Nach früheren polnischen Berechnungen belaufen sich die von Deutschland verursachten Kriegsschäden auf etwa 800 Milliarden Euro.

Am 1. September wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zum Gedenken an den Überfall auf Polen nach Warschau und Wielun reisen, das als erste polnische Stadt von den deutschen Angreifern bombardiert wurde. An den Zeremonien nimmt neben dem polnischen Präsidenten Andrzej Duda auch US-Präsident Donald Trump teil.

Wenige Tage vor dem Jahrestag äußert sich Czaputowicz nun ausgesprochen deutlich zu dem Thema. „In Polen gibt es die Überzeugung, dass Deutschland uns Anfang der neunziger Jahre unter Druck gesetzt hat, dieses Thema nicht zur Sprache zu bringen. Deshalb kehren wir jetzt zu dem Thema zurück.“

Deutschland hält das Thema mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag von 1990 über die außenpolitischen Folgen der deutschen Einheit für rechtlich und politisch abgeschlossen. Das Auswärtige Amt verwies am Montag lediglich auf frühere Aussagen von Außenminister Heiko Maas zu dem Thema. „Juristisch (…) ist das Thema für Deutschland abgeschlossen. Aber, die Erinnerung und die Aufarbeitung (…), die wird für uns niemals abgeschlossen sein“, hatte der SPD-Politiker bei seinem Polen-Besuch anlässlich des 75. Jahrestags des Warschauer Aufstands am 1. August gesagt. „Deutschland steht auch gerade moralisch zu seiner Verantwortung für den Zweiten Weltkrieg und das, was es in Polen angerichtet hat.“

Ob Polen auch dazu bereit wäre, rechtliche Schritte einzuleiten, sagte Czaputowicz nicht. „Es ist zu früh, darüber zu diskutieren. Die Gerichte befassen sich nur mit rechtlichen Aspekten der Angelegenheit, in dieser Situation müssen aber auch Moral und Fairness eine Rolle spielen“, sagte der Außenminister.

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