Europazulassung für Paxlovid Die Anti-Corona-Pille - was sie kann und was nicht

Brüssel/Amsterdam · Begleitet von großen Hoffnungen hat die Europäische Arzneimittelagentur für das neue Pfizer-Medikament Paxlovid eine Empfehlung ausgesprochen. Die offizielle Zulassung durch die EU wurde dadurch zur Formsache. Deutschland hat sich auch schon eine Million Einheiten gesichert. Ist das die Wende im Kampf gegen Corona?

Ein Mitarbeiter von Pfizer hält eine Paxlovid-Tablette mit einer Zange.

Ein Mitarbeiter von Pfizer hält eine Paxlovid-Tablette mit einer Zange.

Foto: dpa/Pfizer

Der Medikamentengigant Pfizer ist ganz aus dem Häuschen. „Überwältigend“ sei die Wirksamkeit des neuen Anti-Corona-Medikamentes Paxlovid. Auch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) empfahl am Donnerstag Nachmittag die Pille als erfolgversprechendes Mittel für die Behandlung von Erwachsenen, die keinen zusätzlichen Sauerstoff benötigten und das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufes hätten. Pfizer hofft, damit zum „Wendepunkt in der Pandemie“ beitragen zu können. Doch die Vorstellung, Corona ohne Impfen den Schrecken nehmen zu können, scheint in die Irre zu führen.

Zwar hat sich in klinischen Tests bestätigt, dass die rechtzeitige Anwendung von Paxlovid einen extrem schweren und tödlichen Verlauf der Covid-19-Erkrankung in nahezu 90 Prozent der untersuchten Fälle verhindern konnte. Und auch die Einnahme verspricht eine besondere Massentauglichkeit: Anders als die anderen sechs bereits zugelassenen Medikamente muss es nicht in der Klinik aufwendig, etwa durch Infusionen, verabreicht werden. Der Hausarzt kann es verschreiben, der Patient es dann fünf Tage lang hintereinander zu Hause schlucken. Gesundheitsminister Karl Lauterbach machte bereits vor der Zulassung klar, dass sich Paxlovid „insbesondere für die Behandlung ungeimpfter Risikopatienten“ eigne.

Doch der Arzt und Europa-Gesundheitspolitiker Peter Liese warnt: „Das sind keine Smarties.“ Die Nebenwirkungen seien erheblich. Übelkeit, Durchfall und Erbrechen gehören dazu. Auch zum Verlust des Geschmackssinnes kann es kommen. Daneben wurden Bluthochdruck und Muskelschmerzen beschrieben. Vor allem die Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sind so bedenklich, dass es für viele Patienten gar nicht in Frage kommt. So scheint es für eine Vielzahl von operierten Patienten als Behandlungsmittel auszuscheiden.

 Gesundheitsexperten machen auf einen Umstand besonders aufmerksam: Die Wirkung hängt vor allem davon ab, dass es so früh wie möglich eingenommen werden muss, um die Vermehrung des Virus zu stoppen und zu bekämpfen. In der Praxis dauert es aber bereits Tage, bis die Infektion durch die ersten Krankheitssymptome überhaupt bemerkt wird. Vergeht dann noch Zeit, bis der Infizierte sich testen lässt und das Ergebnis vorliegt, können die Viren bereits so weit den Körper in Besitz genommen haben, dass auch Paxlovid zu spät kommt.

Von der ersten Erwartung, noch im Januar eine Million Einheiten in Deutschland per Vorvertrag verfügbar zu haben, ist das Gesundheitsministerium bereits abgerückt. Es könne auch Februar werden. Auch die EU-Kommission konnte auf Anfrage nicht verbindlich mitteilen, wann mit der faktischen Verfügbarkeit in welchen Mengen gerechnet werden könne. In Nordamerika ist Paxlovid per Notfallzulassung bereits in Gebrauch. Von dort werden gute Wirkungen auch bei der Omikron-Variante gemeldet. Labortests haben das bestätigt. Für die ersten zehn Millionen Einheiten sollen fünf Milliarden Dollar fällig geworden sein.

Der CDU-Europaabgeordnete Liese bescheinigt Paxlovid einerseits, einen „echten Hoffnungsschimmer“ zu bieten. Nach seiner Überzeugung liege aber jeder falsch, der nun denke, er könne sich das Impfen sparen, weil es ja ein Medikament gebe. „Die Impfung ist nach wie vor die wichtigste Maßnahme, um schwere Verläufe zu verhindern und der Pandemie den Schrecken zu nehmen“, unterstreicht Liese.

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