Pläne des Verkehrsministers Wenn das Päckchen mit der U-Bahn kommt

Berlin · Um den boomenden Lieferverkehr auf der Straße zu reduzieren, denkt Verkehrsminister Scheuer über unterirdische Konzepte nach. Doch es gibt offene Fragen.

Der Online-Handel boomt – und mit ihm der Verkehr in den Städten. Denn immer mehr Pakete bedeuten immer mehr Lieferwagen, die sich den Weg durch den Stadtverkehr bahnen, zum Ausladen in der zweiten Reihe parken und Staus verursachen. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer wirbt deswegen nun für kreative Ideen, doch auch unterirdische Wege zu nutzen. „Ich wäre dazu bereit, ein Pilotprojekt mit einer Stadt zu machen, wo wir eine U-Bahn umbauen und eine spezielle Paket-U-Bahn daraus machen“, sagte der CSU-Politiker den Zeitungen der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft.

So eine Bahn könne zum Beispiel nachts von 2 Uhr an fahren und Pakete zu Zwischenlagern – sogenannten Mikro-Hubs – an Haltestellen in den Stadtteilen transportieren. „Wir installieren Mikro-Hubs, von dort aus können die Lieferanten die Waren mit einem Elektro-Lastenfahrrad weitertransportieren“, sagte Scheuer. „Es geht darum, dass wir oberirdisch Verkehr reduzieren.“

Branchenvertreter stimmen zu, dass – gerade angesichts des Drucks, den Ausstoß klimaschädlicher Emissionen zu verringern – Änderungen nötig sind. Der Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen, Oliver Wolff, zeigte sich offen für Scheuers Idee: „Um dies zu erreichen, sollte man auch auf den ersten Blick ungewöhnliche Ideen durchaus diskutieren und abwägen.“

Immer mehr Menschen ordern online: 2019 bestellten Verbraucher Waren und Dienstleistungen im Wert von 94 Milliarden Euro und damit rund zehn Prozent mehr als im Vorjahr, wie aus Zahlen des Bundesverbands E-Commerce und Versandhandel hervorgeht. Davon profitiert die Paketbranche: 2019 erwirtschafteten die Dienstleister in Deutschland der Bundesnetzagentur zufolge 18,78 Milliarden Euro. Tendenz steigend.

Scheuer rechnet damit, dass der automobile Lieferverkehr durch U-Bahn-Zustellung um bis zu 20 Prozent sinken könnte. Mikro-Hubs gehören auch schon zu Konzepten von Modellstädten, in denen der Bund Maßnahmen für sauberere Luft fördert. Auch FDP-Verkehrsexperte Oliver Luksic erläutert: „Wir brauchen Smart-City-Konzepte mit IT-gestützter Optimierung der Verkehrswege.“ Dafür seien Mikro-Hubs ein guter Ansatz.

Daran arbeiten auch große Paketdienste. „Unser Ziel ist es, in den kommenden Jahren in den 80 größten deutschen Städten emissionsfrei zuzustellen“, teilte Hermes mit. Von der Deutschen Post DHL hieß es, unter bestimmten Bedingungen könne eine ergänzende Zustellung per Lastenrad in Innenstädten eine effektive und ökologisch sinnvolle Alternative sein. Damit allein ließen sich die steigenden Sendungsmengen aber nicht bewältigen. Der Konzern will bis 2050 seine logistikbezogenen Emissionen auf null senken und setzt vor allem auf den Ausbau einer E-Transporter-Flotte.

Für einen flächendeckenden Ansatz müssten noch Fragen geklärt werden, sagte auch Wolff. So dürften Abläufe wie nächtliche Reparaturen im U-Bahnsystem nicht gestört werden. Nötig sei auch mehr Personal – ein schwieriges Thema.

Die Idee der Zustellung per Straßenbahn ist nicht neu. In Berlin hatten in den 1930er Jahren Güterstraßenbahnen Pakete ausgeliefert. Im französischen St. Etienne wurden 2016/17 testweise Waren und Pakete per S-Bahn transportiert. Und die Schweiz will ausarbeiten, wie Anlagen für unterirdischen Gütertransport genutzt werden können. Jüngst wurde ein Gesetz dazu erlassen.

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