Die wichtigsten Fragen und Antworten Wie gut wirken die Corona-Impfstoffe gegen Omikron?

Düsseldorf · In den nächsten Wochen klärt sich, ob die Impfstoffe gegen die neue Corona-Variante helfen. Wenn nicht, dauert es Monate, bis ein neues Vakzin ausgeliefert wird. Biontech startet bereits jetzt mit der Vorbereitung. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zu der sich ausbreitenden Variante und der Wirksamkeit der Impfstoffe.

 Impfstoff-Ampullen von Biontech, Moderna und Astrazeneca (Symbolfoto).

Impfstoff-Ampullen von Biontech, Moderna und Astrazeneca (Symbolfoto).

Foto: dpa/Marcus Brandt

Die Omikron-Variante löst Besorgnis aus. „Die Weltgemeinschaft ist mit der Bedrohung durch eine neue, nach einer ersten Einschätzung hochgradig übertragbare Variante von Covid-19 konfrontiert, die dringende Maßnahmen erfordert“, erklärten die Gesundheitsminister der sieben größten Industriestaaten am Montag. Die Weltgesundheitsorganisation stufte das Risiko durch den neuen Erreger als „sehr hoch“ ein. In NRW gibt es derzeit sechs Omikron-Verdachtsfälle: vier in Essen, einen in Düsseldorf, einen im Kreis Kleve. Und es können schnell mehr werden: Nach Auftritt der Delta-Variante hatte es nur wenige Wochen gedauert, bis diese die bis dahin vorherrschende Alpha-Variante verdrängt hatte. Omikron könnte noch fünf Mal ansteckender sein als Delta, fürchten Forscher.

Wirken die Impfstoffe gegen Omikron?

Biontech rechnet bis Ende nächster Woche mit Erkenntnissen, der US-Hersteller Moderna in zwei bis sechs Wochen. Moderna-Chef Stephane Bancel geht von einer geringeren Wirksamkeit der derzeitigen Impfstoffe gegen die neue Omikron-Variante aus. Der Schutz dürfte nicht auf demselben Niveau wie bei der Delta-Variante liegen, sagte Bancel. Er erwarte einen „erheblichen Rückgang“.

Nachteilig ist, dass Omikron sich stark von Delta unterscheidet. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) wurden rund 30 Veränderungen allein im Spike-Protein festgestellt, das den Coronaviren ihr stacheliges Aussehen gibt. Das könnte es den durch die Impfstoffe animierten Antikörpern erschweren, Omikron zu erkennen und anzugreifen. Omikron wäre die erste so genannte „Escape-Variante“ – also die Variante, die sich den verfügbaren Impfstoffen entzieht. Biontech fährt daher doppelgleisig: Der Hersteller prüft das bestehende Mittel und arbeitet parallel an der Entwicklung eines angepassten Impfstoffs: „Vorbeugend für den Fall, dass dieser notwendig werden könnte“, so Biontech. Immerhin: „Man kann davon ausgehen, dass auch die jetzigen Impfstoffe einen Schutz vor schweren Verläufen mit Omikron-Infektionen bieten“, sagt Thomas Preis, Chef des Apothekerverbands Nordrhein.

Wie schnell könnte ein neuer Impfstoff entwickelt werden?

Die gute Nachricht ist, dass mindestens die mRNA-Impfstoffe grundsätzlich gut an neue Varianten angepasst werden können. Die schlechte Nachricht: Das braucht Zeit. „Die Entwicklung, Zulassung und Herstellung neuer Omikron-Impfstoffe wird mindestens noch drei Monate dauern“, sagt Thomas Preis. Es könne Monate dauern, bevor ein auf das Omikron-Virus abgestimmtes Vakzin ausgeliefert werden könnte, erklärte auch Moderna.

Was sagt Südafrika zu Omikron?

In Südafrika war am Donnerstag die Entdeckung der Variante mit der Bezeichnung B.1.1.529 bekannt gegeben worden. Anschließend hatten viele Länder kurzfristig den Flugverkehr mit Südafrika eingestellt. Die südafrikanische Regierung kritisierte dies scharf, schließlich war man nur Überbringer der Botschaft. Die Gesundheitsminister versuchten, den Schaden durch Lob zu heilen. „Diese vorbildliche Transparenz verdient unsere Unterstützung“, twitterte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU).

Sollte man sich trotzdem boostern lassen, auch wenn eine neue Impfung fällig wird?

Auf jeden Fall, sagen das RKI, der Virologe Christian Drosten und die Apotheker. „Booster-Impfungen sind wichtig, auch wenn sehr wahrscheinlich immer mehr Omikron-Virus-Infektionen auftreten werden. Noch ist die Delta-Variante dominierend“, so Preis. Beim Boostern sei wichtig, dass über 60-Jährige möglichst vor Weihnachten geimpft seien, da treffe man sich Generationen-übergreifend in geschlossenen Räumen, da bestehe besondere Ansteckungs-Gefahr. „Deshalb sollte man bereits nach fünf Monaten boostern“, forderte er. „In Großbritannien wird bereits nach drei Monaten geboostert, um dem Omikron-Virus rechtzeitig Paroli zu bieten.“

Haben Ärzte überhaupt genug Impfstoff zum Boostern?

Ja – wenn sie nicht nur Biontech verimpfen. In dieser Woche erhalten die Arztpraxen und mobilen Impfteams elf Millionen Impfdosen: drei Millionen von Biontech und acht Millionen von Moderna. „Würde sieben Tage gleichmäßig geimpft werden, wären das fast 1,6 Millionen Impfungen pro Tag. Es wäre absolut wichtig, wenn das auch alles verimpft würde“, so Preis. Der bisherige Rekord habe Anfang Juni bei 1,4 Millionen Impfungen gelegen, da waren aber noch alle Impfzentren aktiv. Aktuell erhalten Praxen nicht mal halb so viel Biontech-Impfstoff, wie sie bestellt haben.

Der Chef der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein, Frank Bergmann, warf Spahn vor, die Impfkampagne zu blockieren: „Im Bund jagt ein Desaster das nächste.“ Die Ärzten impften, was das Zeug halte, sogar am Wochenende: Allein am ersten Adventswochenende wurden fast 50.000 Menschen – unter anderem durch Walk-In-Angebote ohne Termin – geimpft. Die Politik aber mache ihre Hausaufgaben nicht, so Bergmann. Preis riet den Praxen, vor allem auf die verfügbaren Impfstoffe Moderna und Johnson&Johnson zu setzen. „Biontech sollte für unter 30-Jährige und Schwangere eingesetzt werden.“ Er betonte: „Biontech- und Moderna-Impfstoffe sind gleichwertig und hochwirksam.“ Zugleich bot er an, dass die Apotheker auch häufiger liefern: „Sollten noch mehr Impfdosen benötigt werden, wird es nicht an den Apotheken scheitern. Wir könnten noch zusätzliche Lieferung in der Woche durchführen. Dafür müssen weitere Impfstoffe zur Verfügung stehen.“ Wichtig für Arztpraxen und Apotheken wäre eine Entbürokratisierung des Bestellablaufs.

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