Bundespolizei zerrt Franzosen aus Saarbrücker Kiosk Auseinandersetzung bei Grenzkontrolle sorgt für Aufregung

Saarbrücken · Die Bundespolizei zerrt einen Franzosen, der die Grenze nicht überqueren durfte, aus einem Saarbrücker Kiosk. Der Vorfall beschäftigt auch die Politik.

 In diesem Kiosk wollte der Franzose seinen Tippschein abgeben.

In diesem Kiosk wollte der Franzose seinen Tippschein abgeben.

Foto: BeckerBredel

Brutal und skandalös oder recht- und verhältnismäßig? Das Vorgehen der Bundespolizei gegen einen 65-jährigen Franzosen, der in einem Kiosk am Saarbrücker Grenzübergang Goldene Bremm einen Lottoschein abgeben wollte, hat am Wochenende hohe Wellen geschlagen. Das Überwachungsvideo des Kiosks von Freitag zeigt, wie ein Beamter den Franzosen aus dem Kiosk zerrt und beide dann zu Boden gehen. Der Anwalt des Mannes spricht laut Saarländischem Rundfunk von einem schockierenden „Gewaltausbruch der Polizei“.

Der Franzose aus Stiring-Wendel räumte dem Sender zufolge ein, dass er vor dem Zwischenfall bei einer Grenzkontrolle der Bundespolizei nicht gleich rechts rangefahren sei. Der Bundespolizist, der ihm in den Kiosk gefolgt sei, habe keinen Mund-Nasenschutz getragen und sei aggressiv gewesen. Der Kioskbetreiber nannte den Vorgang „brutal und skandalös“ und verfasste eine Dienstaufsichtsbeschwerde.

Die Bundespolizei wollte den Fall zunächst nicht bewerten, betonte aber: „Wir nehmen den Sachverhalt sehr ernst.“ Zurzeit würden Videoaufnahmen ausgewertet. „Wenn sich Ansatzpunkte für ein Fehlverhalten der Beamten ergeben sollten, werden wir auch disziplinarische Maßnahmen prüfen.“

Kaum war der Vorfall bekannt, schrieb der Saarbrücker Oberbürgermeister Uwe Conradt (CDU), der die Grenzkontrollen von Beginn an verurteilte und sich deswegen auch schon an die Kanzlerin wandte, eine geharnischte Mail an Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Der Vorfall werfe „auf die Arbeit der deutschen Bundespolizei ein denkbar schlechtes Licht“, formulierte Conradt. „Ich bin empört und protestiere gegen diese Art, Kontrollen durchzuführen. Ich bitte Sie eingehend, die Ermittlungen schnellstmöglich zum Abschluss zu bringen und zum Vorgang aufzuklären. Sofern das Video die Berichterstattung bestätigt, bitte ich Sie, sich bei dem Mann im Namen der Bundesrepublik offiziell zu entschuldigen.“

Das wiederum brachte die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Rage. GdP-Bundesvize Sven Hüber sagte: „Die politisierende Skandalisierung und gespielte Empörung des Saarbrücker Oberbürgermeisters Conradt, der weder den Sachverhalt kennt noch irgendeine Zuständigkeit hat, sind unerträglich und unanständig.“

Was aber hat sich nun genau abgespielt? Laut Bundespolizei ignorierte der Franzose am Grenzübergang die Anhaltezeichen der Beamten. Erst in einer Seitenstraße in Deutschland habe er gehalten. Der Mann habe angegeben, in Deutschland Lotto spielen zu wollen. Daraufhin verweigerten die Beamten dem Mann laut Bundespolizei die Einreise, da diese aufgrund der Corona-Pandemie nur bei einem zwingenden Einreisegrund erlaubt ist. „Lotto spielen, günstig tanken, billig Marmelade oder Zigaretten kaufen sind nach geltendem Recht keine zulässigen Einreisegründe in Corona-Zeiten“, erklärte Hüber.

Die Bundespolizei, so stellt sie es dar, forderte den Mann auf, Deutschland zu verlassen. Der 65-Jährige habe die Beamten abermals ignoriert und sei in den Kiosk gegangen. Ein Polizist sei ihm gefolgt und habe ihn zur Rückkehr aufgefordert. Als der 65-Jährige der Aufforderung keine Folge leistete, habe der Beamte den Mann am Arm gegriffen (die GdP spricht von „einfacher körperlicher Gewalt“) und hinausgeleitet. Beim Hinausgehen seien die beiden Männer dann gestolpert und zu Boden gefallen. Gegen ihn wurde wegen des Grenzübertritts ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet.

 Nachdem der Mann zuvor Anweisungen ignoriert hatte, greift ein Bundespolizist zu Gewalt, um den Mann aus dem Laden zu holen.

Nachdem der Mann zuvor Anweisungen ignoriert hatte, greift ein Bundespolizist zu Gewalt, um den Mann aus dem Laden zu holen.

Foto: BeckerBredel

Für die Gewerkschaft der Polizei ist der Sachverhalt klar: „Nach dem bisherigen Erkenntnisstand haben die Beamten einwandfrei rechtmäßig, verhältnismäßig und sogar sehr geduldig gehandelt.“ Der saarländische Bundestagsabgeordnete Christian Petry, europapolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, nahm die Bundespolizisten ebenfalls in Schutz. Dem deutsch-französischen Verhältnis werde der Vorgang schon deshalb nicht schaden, weil gerade die französische Seite sehr auf die Einhaltung der Regeln achte und einen solchen Regelverstoß sicher ebenfalls ahnden würde.

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