Özdemir und Roth Morddrohungen gegen Grünen-Politiker lösen Entsetzen aus

Berlin · Die Morddrohungen gegen die Grünen-Politiker Cem Özdemir und Claudia Roth haben Bestürzung ausgelöst. „Die hässlichen Drohungen mutmaßlicher Rechtsextremisten gegen Herrn Özdemir und Frau Roth sind unsäglich und ein Angriff auf die freiheitliche Demokratie insgesamt“, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) den Funke-Zeitungen.

 Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth erhielt ebenso wie Ex-Grünenchef Özdemir eine Drohmail.

Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth erhielt ebenso wie Ex-Grünenchef Özdemir eine Drohmail.

Foto: dpa/Britta Pedersen

„Vom Bundestagsabgeordneten bis hin zum Vertreter eines Kommunalparlaments: Jeder hat in unserem Land das Recht, seine Meinung in der politischen Debatte frei zu äußern und ein Mandat auszuüben, ohne Drohungen ausgesetzt zu sein.“ Einschüchterungsversuchen von Extremisten müsse „der Rechtsstaat seine vollste Härte entgegensetzen“.

Grünen-Chefin Annalena Baerbock erklärte, an die nahezu täglichen Drohungen dürfe sich die Gesellschaft nicht gewöhnen. „Wir müssen gemeinsam für Rechtsstaat und Demokratie einstehen. Mit aller Kraft gegen den Hass vor allem für die, die keinen Schutz haben“, schrieb sie auf Twitter. Linken-Chefin Katja Kipping schrieb: „Solidarische Grüße über alle Parteigrenzen hinweg an Cem Özdemir, Claudia Roth und all jene, die im Alltag bedroht werden.“

Die Zeitungen der Funke-Mediengruppe hatten berichtet, dass Özdemir als erster Name auf einer Todesliste stehe. Das habe Ende Oktober eine Gruppe namens „Atomwaffen Division Deutschland“ in einer E-Mail an das Büro des türkischstämmigen Bundestagsabgeordneten geschrieben. Der Bundestagsvizepräsidentin Roth drohten sie, sie sei auf Platz zwei.

Eine rechtsextremistische Gruppe „Atomwaffen Division“ gibt es in den USA. Das Bundeskriminalamt verwies auf eine Antwort der Bundesregierung auf eine Linken-Anfrage von 2018. Darin hieß es, nach vorliegenden Erkenntnissen ergäben sich keine Anhaltspunkte, dass es sich bei der „Atomwaffen Division“ um eine terroristische Vereinigung handle. Und weiter: „Die Gefährdung durch extrem rechte und rechtsterroristische Gewalttaten in der Bundesrepublik Deutschland bleibt, auch nach der Ankündigung der Existenz eines deutschen Ablegers der AWD, unverändert auf einem abstrakt hohen Niveau.“

Roth sagte den Funke-Blättern: „Die Drohung mag diesmal gegen Cem und mich gerichtet sein, doch sie reiht sich ein in eine lange Liste versuchter Einschüchterungen – gegen Kommunalpolitikerinnen und die Zivilgesellschaft, gegen Jüdinnen und Muslime, gegen Künstlerinnen und Menschen mit Migrationshintergrund.“ Und weiter: „Wer glaubt, uns mit seinem dumpfen Hass und seiner geschichtsblinden Hetze vom Einsatz für eine vielfältige und weltoffene Gesellschaft abbringen zu können, den muss ich bitter enttäuschen.“

Der 53-jährige Ex-Grünen-Chef Özdemir gab die Droh-Mail an die Bundestagspolizei und das Bundeskriminalamt weiter. Er wurde in der Vergangenheit bereits wegen seiner scharfen Kritik am türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan von türkischen Nationalisten massiv bedroht und erhält seit längerem Personenschutz.

 Ex-Grünenchef Cem Özdemir setzte die „Atomwaffen Division Deutschland“ auf Platz eins ihrer Todesliste.

Ex-Grünenchef Cem Özdemir setzte die „Atomwaffen Division Deutschland“ auf Platz eins ihrer Todesliste.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Die Bundesregierung hatte erst vor kurzem angekündigt, mit schärferen Strafen, erweiterten Kompetenzen der Behörden und einer Meldepflicht für strafbare Inhalte im Internet auf die rechte Gewalt der vergangenen Monate reagieren zu wollen. Der Plan sieht auch einen besseren Schutz für Kommunalpolitiker vor. Im Juni war der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke (CDU) ermordet worden. Stephan E., der den Behörden vor Jahren als Rechtsextremist aufgefallen war, sitzt in diesem Fall als Hauptverdächtiger in Untersuchungshaft.

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