„Misshandlungen müssen schneller angezeigt werden“

Berlin · Es gibt sie seit 25 Jahren, die Kinderkommission des Bundestages. Heute kommt sie zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen. Neuer Vorsitzender wird der CDU-Politiker Eckhard Pols. Noch in dieser Legislaturperiode sollten die Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden, so Pols im Gespräch mit unserer Zeitung.

Herr Pols, leidet die Kinderkommission des Bundestages an Bedeutungslosigkeit?
Eckhard Pols: Das sehe ich nicht so. Es gibt viele junge Menschen, die Probleme haben und sich an die Kinderkommission des Bundestages wenden. Zum Teil sogar ganz persönlich. Das gilt übrigens genauso für Eltern. Unsere Zielgruppe ereichen wir also, auch wenn wir nicht jeden Tag in den Medien vorkommen.

Schafft denn nun die große Koalition den Durchbruch für die Kinderrechte im Grundgesetz?
Pols: Ich möchte die Kinderrechte im Grundgesetz verankern. CDU/CSU und SPD haben die Mehrheit im Bundestag, die entsprechende Verfassungsänderung vorzunehmen. Das ist eine Chance, die wir nutzen müssen.

Aber gerade in der Unionsfraktion tut sich manch einer damit schwer.
Pols: Das stimmt. In meiner Fraktion gibt es Uneinigkeit bei diesem Thema. Deshalb werden wir noch einmal eine breite, gesellschaftliche Diskussion anstoßen, wie die konkrete Ausgestaltung aussehen soll. Kinder sind die schwächste Gruppe der Gesellschaft. Sie müssen bislang immer den Weg über ihre Eltern oder die Interessenverbände gehen, um ihre Rechte durchsetzen zu können. Deswegen wollen wir etwas Gutes und Nützliches auf die Beine stellen.

In Deutschland werden offenbar mehr Kinder misshandelt als man bisher angenommen hat. Was läuft schief beim Kinderschutz?
Pols: Zum Glück diskutiert die Gesellschaft diese schlimmen Dinge heute anders als noch vor 30 oder 50 Jahren. Ich sehe bei diesem Thema die Kinderärzte noch stärker in der Verantwortung als bisher. Fälle von Misshandlungen oder Missbrauch müssen schneller angezeigt werden. Das Kinderschutzgesetz bietet diese Möglichkeit, so dass sich niemand hinter der ärztlichen Schweigepflicht verstecken kann. Auch die Jugendämter sind gefordert. Ich glaube, es ist besser, lieber einmal mehr zu handeln als untätig zu bleiben.

Muss beim vor zwei Jahren beschlossenen Kinderschutzgesetz nachgebessert werden?
Pols: Für mich spielt das Thema Vorsorgeuntersuchungen nach wie vor eine große Rolle. Sie sind zwar bereits in fast allen Bundesländern verpflichtend, aber der Druck auf Eltern, diese Untersuchungen tatsächlich vornehmen zu lassen, ist aus meiner Sicht noch nicht groß genug. Auch hapert es bei der Durchsetzung, wenn Eltern mit ihren Kinder einfach nicht zum Arzt gehen. Da müssen wir uns den Katalog der Maßnahmen bis hin zur Geldbuße noch einmal anschauen.

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