Habeck prüft Milliarden-Bürgschaft SPD, Grüne und Union dringen auf Staatshilfe für Meyer Werft
Berlin · Der Meyer Werft, eines der letzten großen deutschen Schiffsbau-Unternehmen, droht die Insolvenz. Neben SPD und Grünen dringen auch Unionspolitiker auf rasche Hilfen des Bundes. Es geht um Milliarden.
Das Schicksal der Meyer Werft im niedersächsischen Papenburg, eine der letzten deutschen Großwerften, ist weiter offen: Noch immer prüfen Bundes- und Landesregierung staatliche Bürgschaften in Milliardenhöhe oder den direkten Einstieg des Staates bei dem angeschlagenen Schiffsbau-Unternehmen mit mehr als 3000 Mitarbeitern. „Die Bundesregierung und das Land Niedersachsen sind gemeinsam mit der Meyer Werft dabei, den Sachverhalt aufzuklären und eine eventuelle Unterstützung zu prüfen“, sagte eine Sprecherin von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Das Bundesfinanzministerium verwies an das Haus von Habeck und wollte sich nicht zu der Prüfung staatlicher Hilfe äußern.
Traditionell steht die FDP staatlichen Unternehmenshilfen skeptisch gegenüber. Entsprechend zurückhaltend dürfte FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner auf die Bitte Habecks reagieren, die Großwerft zu stützen. Allerdings ist der Druck von SPD und Grünen auf Lindner bereits groß. Bundeskanzler Olaf Scholz und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (beide SPD) drängen auf eine baldige positive Entscheidung. Bis Mitte September braucht die Werft eine Lösung – andernfalls droht die Insolvenz.
Scholz hatte in seiner Sommer-Pressekonferenz Ende Juli erklärt: „Wir kümmern uns um das Thema.“ Er sei intensiv im Gespräch mit dem niedersächsischen Ministerpräsidenten. Es sei gegenwärtig nichts „entscheidungs- und spruchreif“, sagte Scholz. „Aber das ist ein Thema, das für mich eine Top-Priorität hat und aus gutem Grund, denn das ist eine tolle Werft mit tollen Kolleginnen und Kollegen, die machen großartige Arbeit.“ Er sei davon überzeugt, das, was dort hergestellt werde, werde auch in Zukunft noch gekauft und gebraucht und sei voll wettbewerbsfähig. „Also eine gute Ausgangsbedingung, um etwas dafür zu tun, dass die Werft weitermachen kann“, sagte Scholz.
Die für ihre Kreuzfahrtschiffe bekannte Werft steckt in der schwersten Krise ihrer mehr als 200-jährigen Existenz. Die Werft hat derzeit Aufträge bis 2028. Allerdings waren die Verträge für die Kreuzfahrtschiffe teils vor der Corona-Pandemie abgeschlossen worden. Wegen des Einbruchs des Tourismusmarktes waren die Aufträge zeitlich gestreckt worden. Sie sehen aber keine Anpassung an die stark gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine vor. Das Unternehmen muss zur Finanzierung von Schiffsneubauten bis Ende 2027 mehr als 2,7 Milliarden Euro aufbringen.
Das Bundeswirtschaftsministerium prüft mögliche Bundeshilfen seit Wochen. „Wir haben ein Interesse daran, relevante und gute Werften in Deutschland zu haben, prüfen also eine finanzielle Hilfestellung, das läuft“, hatte Staatssekretärin Franziska Brantner (Grüne) Anfang August erklärt. Die Meyer Werft werde im Ministerium als „sehr wertvoll und wichtig gesehen, sowohl wirtschaftlich als auch sicherheitspolitisch“. Wenn es einen „vielversprechenden Sanierungsplan gibt, sollten sich Unternehmen, Land und Bund zusammensetzen und schauen, mit welcher Art von Finanzierung man am besten helfen kann“, sagte Brantner.
Mitte Juli wurde der Bundesregierung ein Zwischenstand des beauftragten Gutachtens für einen Sanierungsplan übermittelt. Das Endergebnis liege weiterhin noch nicht vor, wie es in Regierungskreisen hieß.
Nach dem Zwischenergebnis des Gutachtens zeigte sich Grünen-Haushaltspolitiker Felix Banaszak zuversichtlich. „Das Sanierungsgutachten scheint Grund zur Hoffnung zu geben, dass das Unternehmen langfristig eine Zukunft hat“, sagte Banaszak. „Es ist gut, dass einige der aus unserer Sicht zwingend notwendigen Bedingungen für eine staatliche Unterstützung zwischenzeitlich erfüllt sind und endlich ein Aufsichtsrat sowie ein Betriebsrat eingerichtet wurden“, sagte der Grünen-Politiker.
„Die Meyer-Werft hat eine gute Auftragslage und bekennt sich zu dem Standort Deutschland sowie zu guten Arbeitsplätzen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ich halte es daher für richtig, das Unternehmen auch mit der Hilfe vom Bund für einen Übergangszeitraum finanziell zu stabilisieren“, sagte SPD-Fraktionsvize Achim Post unserer Redaktion. „Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten, die mit den beteiligen Akteuren erörtert werden. Die Schuldenregel im Grundgesetz sieht vor, dass solche Maßnahmen als finanzielle Transaktionen nicht unter die Schuldenbremse fallen würden.“.
Schützenhilfe für die Werft kam auch aus der Unionsfraktion im Bundestag. „Die Meyer Werft verfügt über ein erfolgreiches Geschäftsmodell, was auch für die Zukunft tragfähig ist. Sie ist eine der letzten verbleibenden Großwerften, die eine enorme volkswirtschaftliche Bedeutung für unser Land hat“, sagte Andreas Mattfeldt (CDU), zuständiger Berichterstatter der Fraktion im Bundestags-Haushaltsausschuss. „In Gutachten wurde dargelegt, dass die jetzt bereits vollen Auftragsbücher für die Zukunft auskömmlich sind und langfristig erfolgreiche Geschäfte erwarten lassen. Sowohl in der Werft als auch in der Zuliefererindustrie hängen vom Kreuzfahrtschiffbau sehr viele Arbeitsplätze ab“, sagte Mattfeldt. Derzeit würden Bürgschaften oder der staatliche Einstieg geprüft. „Der Union ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass eine gegebenenfalls temporäre Beteiligung sofort mit einer Exitstrategie auszuplanen ist“, betonte Mattfeldt.