Reaktionen auf Macron-Initiative Sicherheitsgarantien für Putin?

Brüssel · Für Irritationen hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit seiner Initiative gesorgt, Russland Sicherheitsgarantien zu geben, wenn Moskau an den Verhandlungstisch zurückkehre, um den Krieg gegen die Ukraine zu beenden.

Emmanuel Macron vergangenen Donnerstag bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus in Washington.

Emmanuel Macron vergangenen Donnerstag bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus in Washington.

Foto: AP/Susan Walsh

Auf großes Unverständnis bei Union, SPD, FDP und Grünen und Zustimmung bei den Linken ist Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei deutschen Politikern mit seiner Initiative gestoßen, Russland mit Sicherheitsgarantien entgegenzukommen. „Es gibt keine Alternative zum militärischen Erfolg der Ukraine außer Waffenstillstnad und Truppenrückzug durch Russland, zumindest solange Putin in Moskau das Sagen hat“, sagte der Außenexperte der Unionsfraktion in Berlin, Jürgen Hardt. Und der Grünen-Außenpolitiker im Europa-Parlament, Reinhard Bütikofer, forderte Macron auf, er solle sich „zunächst auf das Vordringliche konzentrieren: Dass Russland diesen Krieg verliert. Und dann nochmal nachdenken.“

In einem während seiner USA-Reise in den letzten Tagen aufgezeichneten Interview mit einem französischen Fernsehsender hatte Macron erklärt: „Einer der wesentlichen Punkte, auf die wir eingehen müssen, wie Präsident Putin immer gesagt hat, ist die Furcht, dass die Nato an die Türen Russlands heranrückt, und die Stationierung von Waffen, die Russland bedrohen könnten.“ Dieser Ansatz werde, so Macron weiter, „Teil der Themen für einen Frieden sein. Deswegen müssen wir ausarbeiten, wozu wir bereit sind, wie wir unsere Partner und Mitgliedsstaaten schützen, und wie wir Russland Garantien geben, sobald es an den Verhandlungstisch zurückkehrt.“

Macron verwies auf intensive Gesprächen mit US-Präsident Joe Biden über den Krieg Russlands gegen die Ukraine. Biden selbst hatte Putin aufgefordert, den Krieg zu beenden und die Truppen aus der Ukraine zurückzuziehen. Das lehnte ein Kreml-Sprecher umgehend ab. Er betonte stattdessen nach einem Telefonat von Bundeskanzler Olaf Scholz mit Putin, die westliche Hilfe für Kiew führe dazu, dass die Ukraine Verhandlungen mit Russland ablehne. Die Haltung der Ukraine ist, dass Verhandlungen erst nach einem Rückzug der russischen Truppen möglich sind.

Macron kündigte ebenfalls ein Gespräch mit Putin „in Kürze“ an. Dabei solle es vor allem um zivile Atomkraft und das Kraftwerk Saporischschja gehen. Die große ukrainische Kernenergieanlage ist in russischer Hand. Beide Seiten werfen sich vor, das Kraftwerk zu beschießen.

SPD-Außenpolitiker Nils Schmid zeigte sich verwundert über die Worte Macrons. Die Nato habe zu keinem Zeitpunkt Russland bedroht, sondern mit der Nato-Russland-Grundakte einen gemeinsamen Rahmen für Sicherheitsfragen geschaffen. Umfangreiche Sicherheitsgarantien für alle Staaten, auch für Russland, gebe es auch bereits durch die Charta von Paris und die gesamteuropäische Sicherheitsarchitektur durch die OSZE. Solange Russland eine „imperialistische Außenpolitik“ betreibe, sei eine gesamteuropäische Friedensordnung unter Einschluss Russlands nicht möglich, erklärte Schmid.

FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff fasste seine Bedenken gegen den Vorstoß von Macron in der Einschätzung zusammen, dieser sei „nicht hilfreich“. Dagegen nannte es Linken-Chef Martin Schirdewan „überfällig, dass endlich ein europäischer Staatschef einen ernsthaften Vorstoß für Diplomatie übernimmt“. Damit dieser elende Krieg beendet werde, brauche Europa dringend Friedensverhandlungen. „Deswegen ist Macrons Initiative richtig“, sagte Schirdewan unserer Redaktion. Es sei „nur logisch“, dass dabei auch über eine europäische Friedensordnung gesprochen werden müsse, die verschiedene Sicherheitsinteressen berücksichtige, um zu einem dauerhaften Frieden zu gelangen. Zugleich bekräftigte der Linken-Europa-Abgeordnete: „Russland muss aus der Ukraine abziehen“, und fuhr dann fort: „Falls das dadurch erreicht werden kann, dass die Nato-Staaten sich im Gegenzug verpflichten, ihre militärische Drohkulisse gegenüber Russland zurückzunehmen, wäre das ein gangbarer Weg.“

Anders betrachtet das der CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt. „Putin weiß, dass er sich im Blick auf die Nato auf die Charta von Paris verlassen kann - weitergehnde Sicherheitsgarantien braucht Russland nicht.“ Und eine Reihe von Fragen formulierte Grünen-Außenexperte Bütikofer, der Sicherheitsgarantien für Putins Russland als „merkwürdige Idee“ bezeichnete: „Gegen wen eigentlich? Gegen Polen und die baltischen Länder? Oder gegen China? Und wer sollte diese Garantien geben? Die Nato vielleicht? Oder die Gande Nation höchstselbst?“

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