Bundestagswahlkampf der Linken Rote Klassiker neu verpackt prägen das Wahlprogramm

Berlin · Die Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger haben am Montag den Entwurf der Linken für die Bundestagswahl vorgestellt.

 Höhere Renten, mehr Mindestlohn: Die Linken-Spitze Bernd Riexinger und Katja Kipping hat ihr Programm zur Bundestagswahl vorgelegt.

Höhere Renten, mehr Mindestlohn: Die Linken-Spitze Bernd Riexinger und Katja Kipping hat ihr Programm zur Bundestagswahl vorgelegt.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Noch stehen nicht einmal die Namen der Spitzenkandidaten fest, die die Linkspartei in den Bundestagswahlkampf führen sollen. Aber von den beiden Vorsitzenden wurde ihnen schon mal ein inhaltliches Korsett angelegt. Und das, obwohl sie bald ausscheiden. Am Montag stellten Katja Kipping und Bernd Riexinger ihren Entwurf für das Wahlprogramm vor. Größere Überraschungen lassen sich in dem Papier trotz seiner 140 Seiten allerdings nicht entdecken. Unter der Überschrift „Zeit zu handeln. Für soziale Sicherheit, Frieden und Klimagerechtigkeit“, bleibt man weitestgehend bei vertrauten Forderungen und Idealen.

Auffällig ist allenfalls, dass die Ökologie diesmal einen größeren Raum einnimmt als noch vor vier Jahren. Das dürfte auf Kipping zurückgehen. Sie möchte die Partei für ein jüngeres, städtisch geprägtes Publikum wählbarer machen, das sich eher von den Grünen angesprochen fühlt. So soll zum Beispiel der Kohleausstieg laut Programmentwurf schon bis 2030 vollzogen sein. Das geltende Kohlausstiegsgesetz lässt einen Zeitraum bis 2038 zu. Außerdem soll der Strom bis 2035 komplett aus erneuerbaren Energien kommen und die Wirtschaft bis 2040 komplett klimaneutral sein. Ehrgeiziger sind die Grünen unter dem Strich auch nicht.

Kernpunkt der linken Programmatik bleibt aber das Soziale. Im Entwurf heißt es dazu: „Der soziale Zusammenhalt bröckelt. Die Mehrheit der Menschen“ verliere seit Jahren an Einkommen. Gegensteuern will die Linke hier mit ihrem Klassiker, einer „Mindestsicherung“. Jedem soll demnach ein steuerfreies Mindesteinkommen von 1200 Euro im Monat zustehen. Egal, ob Rentner, Arbeitsloser, Hartz-IV-Empfänger oder Student. Dazu soll auch der steuerfreie Grundfreibetrag von jetzt 9408 Euro auf 14 400 Euro angehoben werden. Den Mindestlohn möchte die Linke ebenfalls kräftig steigern, von jetzt 9,60 Euro auf 13 Euro pro Arbeitsstunde. Gefordert wird darüber hinaus eine sofortige Anhebung des Rentenniveaus auf 53 Prozent. Eine Durchschnittsrente würde dadurch um 104 Euro im Monat steigen. Zugleich plädiert die Linke für „harte Obergrenzen“ bei den Mieten nach dem Vorbild des Berliner Mietendeckels. Sehr hohe Mieten müssten demnach sogar wieder abgesenkt werden. Nach den Vorstellungen Kippings und Riexingers soll sich auch die Arbeitswelt grundsätzlich wandeln. Eine Vier-Tage-Arbeitswoche beziehungsweise 30 Wochenstunden sollen der neue Normalfall sein. Und unter dem Eindruck der Pandemie sollen Pflegekräfte ihr Grundgehalt pauschal um 500 Euro aufgestockt bekommen. Finanzieren will die Partei sämtliche Wohltaten durch eine breit angelegte Umverteilung von oben nach unten. Von der Vermögensabgabe über eine Vermögenssteuer bis hin zu einer erweiterten „Reichensteuer“ werden hier alle Register gezogen.

Auch die außenpolitischen Vorstellungen klingen altvertraut. Die Forderung nach „Auflösung der Nato“ findet sich im Programmentwurf genauso wieder wie die Ablehnung aller Auslandeinstätze der Bundeswehr. Damit erteilen Kipping und Riexinger auch jüngsten Forderungen aus dem Realo-Lager der Linken eine strikte Absage, sich wenigstens für militärische Friedensmissionen mit UN-Mandat zu öffnen.

Bis zur geplanten Verabschiedung des Programms im Juni sind auch deshalb noch harte interne Debatten zu erwarten. Kipping und Riexinger werden dann allerdings nicht mehr im Amt sein. Beide hatten ihren Rück­zug schon im vergangenen Sommer angekündigt. Auf einem virtuellen Parteitag Ende Februar soll eine neue Führung gewählt werden. Für eine künftige Regierungsbeteiligung der Linken sind die Chancen ohnehin eher bescheiden. Eine rot-rot-grüne Mehrheit ist nicht in Sicht. Das aktuelle Bundestagswahlprogramm wäre dann wie alle seine Vorgängerpapiere kaum mehr als politische Fleißarbeit gewesen.

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