Limburg Pilger-Ansturm auf den Protz-Bau des Bischofs

Limburg · Groß ist der Andrang auf die Luxuswohnung des ehemaligen Limburger Oberhirten Tebartz-van Elst, die nun als Museum öffentlich zugänglich ist.

 Der Bau des luxuriösen Bischofsanwesens nahe des Limburger Doms verschlang über 31 Millionen Euro.

Der Bau des luxuriösen Bischofsanwesens nahe des Limburger Doms verschlang über 31 Millionen Euro.

Foto: Arne Bensiek

Anna Jost hat vieles zu sehen bekommen in den vergangenen Tagen. Jetzt steht ein verschwitzter älterer Herr mit Fahrradhelm und deutlich zu knapper Radlerhose vor ihr und mault: „Die Öffnungszeiten des Museums sind nirgendwo angeschlagen.“ Dabei lugt der Mann an der Kassiererin vorbei durch eine offene Tür Richtung Hof, für den er sich offenbar noch mehr interessiert. „Bekomme ich hier die Räumlichkeiten des Bischofs zu sehen?“ Die Dame von der Museumskasse lächelt milde und drückt dem forschen Gast eine Broschüre in die Hand.

Auf das kleine Diözesanmuseum im hessischen Limburg gibt es für dortige Verhältnisse gerade einen regelrechten Ansturm. Kurz vor Ostern wurde die Ausstellungsfläche um Teile der skandalumwitterten Luxuswohnung des ehemaligen Limburger Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst erweitert. „Zehn bis 15 Besucher kommen an einem tristen Novembertag zu uns, und jetzt sind es plötzlich mehr als 400 an einem Tag“, berichtet Anna Jost.

Es ist nicht der Domschatz, es ist der Voyeurismus, der die Leute lockt. Genauer gesagt die Frage: Wie sieht die Wohnung aus, die sich Tebartz-van Elst für Millionen von Euro bauen ließ, über die er als Protz-Bischof Berühmtheit erlangte und die ihn 2013 das Amt kostete? Der kantige Flachbau in Sichtweite zum Limburger Dom ist aus Blöcken von hellem Korallenkalkstein errichtet. Innen gibt es drei Meter hohe Decken, in die Lichtstrahler eingelassen sind, raumhohe Fensterfronten, weiße Wände, Eichendielen am Boden sowie Türen aus Nussbaum.Der Stil ist modern, eckig, auf den ersten Blick fast schlicht. Doch schon die Einbauküche muss ein Vermögen gekostet haben. Gleiches gilt für die vom Künstler Johannes Schreiter handgemalten Fenster in der Privatkapelle. „Der Mann hätte nicht Bischof, sondern Architekt werden sollen“, schwärmt ein Besucher älteren Jahrgangs. Die Schattenfuge über den Fußleisten, die flächenbündigen Zargen und der Kontrast zwischen der Wohnung und den umliegenden Gebäuden, das alles sei vollkommen durchdacht. Ein Pärchen aus Marburg ist dagegen entsetzt. „Diese Wohnung konterkariert alles, wofür Kirche sonst steht“, wettert der Mann. Einer, der diese Geschichte genau erklären kann, ist Stephan Schnelle. Er ist der Sprecher des Bistums und gehörte schon zur Pressestelle als Tebartz-van Elst bauen ließ. „Das ist die berühmte Adventskranzaufhängung, für die aus Gründen der Statik nachträglich das Dach noch einmal umgebaut werden musste“, erklärt er und zeigt an die Decke der Kapelle, wo aus einem Schlitz ein Stahlseil mit Haken baumelt.

Die Entscheidung, in unmittelbarer Nähe zum Dom ein Bischofshaus zu errichten, fällte das Bistum Limburg schon 2004 – vier Jahre bevor Tebartz-van Elst als jüngster Diözesanbischof Deutschlands geweiht wurde. Doch umgesetzt wurden die Pläne erst, als der damals 47-Jährige sein Amt antrat. Seine Vorstellungen waren klar, sein Anspruch hoch und das Budget ursprünglich auf 1,65 Millionen Euro gedeckelt.

Aber die Kosten stiegen ins beinahe Unermessliche. 2013 kam ein Prüfungsbericht auf mehr als 31 Millionen Euro. Eine Summe, die eher nach einer Villa in Saint-Tropez mit Hubschrauberlandeplatz klingt als nach dem Zuhause eines Bischofs. Wobei von den Millionen nicht allein die Bischofswohnung entstand. Zum Ensemble des Bischofshauses gehören auch ein Garten, eine auf sandigem Boden gebaute Natursteinwand und zwei denkmalgeschützte Häuser. Ob die Restauration mit 600 Jahre alter Eiche geschehen musste, darüber denkt vermutlich selbst Tebartz-van Elst heute anders.

Stephan Schnelle ist über eine Treppe aus massiver Eiche und mit von unten beleuchteten Stufen hinab in den Keller gestiegen und steht in dem Raum, der einmal das Schlafzimmer des Bischofs werden sollte. Im Raum und dem angrenzenden begehbaren Kleiderschrank herrscht ein ziemliches Durcheinander von Kirchenfiguren, Tischdecken, Bildern und Gewändern auf Kleiderständern. „Das Untergeschoss eignet sich nicht als Ausstellungsfläche, daher benutzen wir es als Lager“, erklärt Schnelle.

Einen Raum weiter liegt das Bad, teils gefliest und gekachelt, teils mit Eichenboden. Die Dusche, deren Wasser aus einer eingelassenen Metallplatte an der Decke und aus Brausen an der Seite kommt, ist mit einer gewaltigen Glasscheibe von der Badewanne getrennt. „Die berühmteste Badewanne Deutschlands“, stellt Schnelle vor. Sie und die raumgreifende Ausgestaltung der Dusche seien für viele letztlich zum Symbol für die Maßlosigkeit des Bischofs geworden. Explizit nach ihr würden viele Museumsbesucher fragen. „Ich kann das Wort Badewanne nicht mehr hören“, seufzt Herbert Müller, der im Erdgeschoss die Aufsicht führt. Der Rentner in Jeans, blauem Hemd und dunkler Strickjacke blickt etwas gequält durch seine Brille, während er schildert, wie aufgebracht manche Besucher reagiert hätten, als sie von ihm erfuhren, dass das Untergeschoss mit der Badewanne des Bischofs nicht zu besichtigen ist.

 Die Badewanne und die raumgreifende Ausgestaltung der Dusche wurden zum Symbol für die Maßlosigkeit des ehemaligen Limburger Bischofs.

Die Badewanne und die raumgreifende Ausgestaltung der Dusche wurden zum Symbol für die Maßlosigkeit des ehemaligen Limburger Bischofs.

Foto: Arne Bensiek
 Bischöflicher Bauherr mit teurem Geschmack: Franz-Peter Tebartz-van Elst.  Foto:  Pari/dpa 

Bischöflicher Bauherr mit teurem Geschmack: Franz-Peter Tebartz-van Elst. Foto:  Pari/dpa 

Foto: picture alliance / dpa/Claudio Peri;Anspach

Zu sehen gibt es für die Museumsgäste stattdessen auf den 140 Quadratmetern im Erdgeschoss eine neapolitanische Krippe aus dem 18. Jahrhundert und einen Heiligen Jakobus aus dem 13. Jahrhundert. Im wandfüllenden Bücherregal des Arbeitszimmers sind mehr als 130 Gegenstände ausgestellt, die die Geschichte des 1827 gegründeten Bistums erzählen sollen: das Birett des ersten Bischofs Brand, eine Tonsurschere, eine Partitur und – welche Überraschung – ein Buch zur Amtseinführung von Tebartz-van Elst. „Er hatte einen unrühmlichen Abgang und führt als Apostolischer Delegat in Rom jetzt ein eher zurückgezogenes Leben, aber er gehört zur Geschichte unseres Bistums“, betont Museumsdirektor Matthias Kloft. Es wäre nicht übertrieben zu behaupten, dass er, der Professor für Kirchengeschichte, angesichts der erweiterten Ausstellungsfläche und des Andrangs zum größten Nutznießer des Skandals geworden ist. Denn für Tebartz-van Elsts Nachfolger Georg Bätzing kam es nicht in Frage, die Protzwohnung zu beziehen. Also wurde sie zum Museum.

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