Interview in der New York Times Wegen Nähe zu Putin: SPD will Gerhard Schröder loswerden

Berlin · Altkanzler Gerhard Schröder hat durch ein Interview die Kritik an seiner Nähe zu Russlands Präsident Putin noch verschärft. In der SPD laufen Verfahren, um ihn aus der Partei zu werfen. Doch das dürfte nicht einfach werden.

 Hält auch nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine an Wladimir Putin (r.) fest: Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (Foto von 2005). Für die SPD wird er zunehmend zur Belastung. Jetzt forciert sie seinen Austritt aus der Partei.

Hält auch nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine an Wladimir Putin (r.) fest: Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (Foto von 2005). Für die SPD wird er zunehmend zur Belastung. Jetzt forciert sie seinen Austritt aus der Partei.

Foto: AP/Dmitry Lovetsky

Schon in seiner Zeit als Bundeskanzler bekam Gerhard Schröder Spitznamen wie „Autokanzler“ oder „Genosse der Bosse“. Den Sozialdemokraten störte das kaum, er provozierte oft mit seinen Beziehungen zu Konzernen, gerade auch seine Parteifreunde. Doch mit seinen jüngsten Äußerungen zum russischen Angriffskrieg in der Ukraine und der Rolle von Russlands Präsident und Schröders Freund Wladimir Putin ist der 78-Jährige nun entscheidende Schritte zu weit gegangen. Die SPD-Spitze will ihn loswerden und sieht Schröders Nähe zu Putin und seine Posten in russischen Staatskonzernen zunehmend als Problem – auch wegen wichtiger Landstagswahlen, etwa in NRW.

SPD-Chefin Saskia Esken forderte Schröder am Montag zum Parteiaustritt auf. „Seine Verteidigung Wladimir Putins gegen den Vorwurf der Kriegsverbrechen ist regelrecht absurd“, sagte sie nach den Sitzungen der SPD-Spitzengremien. Auch Co-Chef Lars Klingbeil, der von Schröder einst gefördert wurde, unterstützt diese Aufforderung und hatte sich bereits entsprechend geäußert.

Hintergrund für die bislang unerreichte Härte gegen Schröder ist ein am Wochenende erschienenes Interview, das Schröder der New York Times gegeben hatte. Darin äußerte er sich zu seinem Engagement für russische Konzerne und lehnte ein Ende dieser Tätigkeiten vorerst ab. Der Altkanzler ist Vorsitzender des Gesellschafterausschusses der Nord Stream AG und auch Aufsichtsratschef beim staatlichen russischen Energiekonzern Rosneft. Schröder distanzierte sich vom russischen Einmarsch in der Ukraine: Dieser Krieg sei „ein Fehler“, das habe er auch immer gesagt. Zu den Tötungen zahlreicher ukrainischer Zivilisten in Butscha, für die russische Soldaten verantwortlich gemacht werden, sagte er, dies müsse „untersucht“ werden. Er denke aber nicht, dass die entsprechenden Anweisungen von Putin gekommen seien.

Darin sieht Parteichefin Esken einen wesentlichen Grund für einen Parteiausschluss. „Gerhard Schröder agiert seit vielen Jahren lediglich als Geschäftsmann, und wir sollten damit aufhören, ihn als Elder Statesman, als Altkanzler, wahrzunehmen“, sagte die SPD-Vorsitzende weiter. Esken kritisierte, dass Schröder nicht der Aufforderung der SPD-Spitze nachgekommen ist, seine Mandate bei russischen Staatskonzernen niederzulegen.

14 Anträge sind bislang eingangen, wie der zuständige SPD-Bezirk Hannover mitteilte. Doch die Hürden für einen Rauswurf im parteiinternen Schiedsverfahren sind hoch, eine schnelle Einigung ist nicht in Sicht. Die SPD brauchte drei Anläufe und jahrelange Verfahren, um den früheren Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin nach umstrittenen Buchveröffentlichungen aus der Partei auszuschließen. Einzig schneller Ausweg: Dass Schröder aus der SPD austritt und einem Ausschluss zuvorkommt – wie er vor einigen Wochen schon auf die Ehrenbürgerwürde Hannovers verzichtet hatte, bevor sie ihm aberkannt werden sollte. Doch bislang bleibt Schröder stur.

Vor den anstehenden Landtagswahlen ist das für die SPD Gift, zumal in NRW angesichts eines Kopf-an-Kopf-Rennens mit der CDU tatsächlich ein Machtwechsel möglich scheint. Der Druck wächst also, sich größtmöglich von Schröder zu distanzieren. SPD-Spitzenkandidat Thomas Kutschaty rief Schröder ebenfalls zum Parteiaustritt auf.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort