„Konzepte ersetzen keine Taten“

Saarbrücken · Die Opposition fordert wirksame Maßnahmen gegen den zum Teil rasanten Mietpreisanstieg. Derweil stellt Bundesbauminister Peter Ramsauer (CSU) eine Wiedereinführung der Eigenheimzulage in Aussicht. Zur Wohnungssituation in Deutschland findet heute auch eine Debatte im Bundestag statt. Über die politische Offensive auf diesem Feld sprach unser Berliner Korrespondent Stefan Vetter mit dem Direktor des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten:

Herr Siebenkotten, Ihr Verband warnt schon seit geraumer Zeit vor unbezahlbaren Mieten. Hat die Politik Ihre Klage jetzt erhört?
Lukas Siebenkotten: Die Politik hat uns gehört, ob sie uns erhört, lässt sich noch nicht sagen. Bloße Konzepte ersetzen ja noch keine Taten. Darüber werden wir erst nach der Bundestagswahl Bescheid wissen.

Der Immobilienverband IVD rechnet vor, dass die Mieterhöhung in den letzten 20 Jahren deutlich geringer ausgefallen ist als die Inflationsrate im gleichen Zeitraum. Warum dann die ganze Aufregung?
Lukas Siebenkotten: Solche Betrachtungen nützen vielen Mietern herzlich wenig. Entscheidend ist nicht, was in den letzten 20 Jahren passiert ist, sondern was aktuell geschieht. Besonders in Ballungsgebieten sind die Mieten zuletzt um bis zu fünf Prozent pro Jahr geklettert. Um eine neue Wohnungsnot zu verhindern, müssen wir endlich umsteuern.

Erst vor wenigen Wochen wurde das Mietrechtsänderungsgesetz verabschiedet. Tragen die neuen Bestimmungen zu einer Entspannung der Lage bei?
Lukas Siebenkotten: Nein, überhaupt nicht. Nach dem Gesetz wird eine Erhöhung nur bei Bestandsmieten gedämpft. Voraussetzung ist aber, dass die jeweilige Landesregierung feststellt, dass in einer bestimmten Region Wohnungsmangel herrscht. Wird das nicht festgestellt, bleibt es dabei, dass die Mieten noch stärker steigen können. Das Thema Neuvermietung wurde in dem Gesetz völlig ausgeblendet. Immerhin sind das einige Millionen Fälle pro Jahr. Hier gibt es nach wie vor keinerlei Mietbegrenzungen. Das führt dazu, dass die Mietsprünge in Städten wie Frankfurt oder München nicht selten bei 30 Prozent und mehr liegen, ohne dass sich der Wohnwert in irgendeiner Form verbessert.

Wohl auch deshalb hat Bauminister Ramsauer angekündigt, die Zahl der jährlich gebauten Wohnungen auf 250.000 zu steigern.
Lukas Siebenkotten: Ja, wir wünschen uns auch mehr Mietwohnungsneubau, denn wo das Angebot größer ist, haben Wuchermieten weniger Chancen. Ob die Ankündigungen Ramsauers erfolgreich sein können oder jemals realisiert werden, ist fraglich. Bisher hat er seine Pläne noch nicht mit dem Finanzminister abgestimmt.

Die Energiewende stellt auch neue Anforderungen an den Wohnungsbau. Eine gute Wärmedämmung ist nicht zum Nulltarif zu haben. Schon deshalb werden die Mieten weiter steigen, oder?
Lukas Siebenkotten: Ja, die energetische Gebäudesanierung kostet Geld. Hier müssen die Kosten zwischen Mieter, Vermieter und Staat gerechter verteilt werden. Was fehlt, ist außerdem eine soziale Flankierung dieses Vorhabens. Ich kann mir eine Mieterhöhung leisten, aber viele andere Bürger können es nicht. Denen muss man helfen.

Und wie?
Lukas Siebenkotten: Zum Beispiel durch die Einführung einer Klima-Komponente beim Wohngeld. Bekanntlich bekommen Leute mit niedrigem Einkommen Wohngeld, das bei einer energetischen Sanierung angehoben werden könnte.

Was hält der Mieterbund von einer möglichen Wiedereinführung der Eigenheimzulage?
Lukas Siebenkotten:Nichts. Eine Eigenheimzulage, die nur für bestimmte Gebiete, in denen Wohnungen fehlen, gelten soll, halten wir verfassungsrechtlich kaum für machbar. Jede andere Form der Eigenheimzulage produziert Mitnahmeeffekte, entlastet enge Wohnungsmärkte aber nicht.

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