Kommentar Geste europäischer Solidarität

Es stimmt: In den ersten Wochen der Pandemie hat sich die Europäische Union nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Zu hysterisch und egozentrisch reagierten die Mitgliedstaaten mit Abschottung statt Kooperation.

 Detlef Drewes

Detlef Drewes

Foto: SZ/Lorenz, Robby

Nun sieht es anders aus. Die EU-Kommission fährt seit einigen Tagen große Erfolge ihrer Bemühungen um die künftigen Impfstoffe ein. Es war ein Durchbruch, dass die Mitgliedstaaten, die sich bereits auf eigene Faust mit Pharmafirmen an einen Tisch gesetzt hatten, auf die Gemeinschaftslinie eingeschwenkt sind.

Brüssel kann mit dem Gewicht eines großen Binnenmarktes mit den Herstellern besser verhandeln und zugleich darauf drängen, dass die Produktion in Europa stattzufinden hat. Die Union will nie wieder derart von ausländischen Herstellungsstätten abhängig werden, wie dies am Anfang der Krise bei einfachsten medizinischen Hilfsmitteln der Fall war. Mehr noch: Es ist ein starkes Signal der Solidarität, dass Brüssel nicht nur an die 27 Mitgliedstaaten denkt, sondern einen bestimmten Anteil der erworbenen Impfstoffe an Länder weitergeben will, die sich die teuren Präparate nicht werden leisten können.

Wenn die EU dann vorgesorgt hat und schnell impft, kann die Normalisierung in allen Bereichen hoffentlich beginnen – ohne neue Infektionswellen.

Es gibt viele Anlässe, am mangelnden Zusammenhalt der Europäischen Union zu verzweifeln. In diesem Fall darf man dann aber auch von einer großen Geste sprechen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Der Kompromiss
EU feiert die Einigung auf wuchtiges Anti-Coronavirus-Programm Der Kompromiss
Aus dem Ressort