Kanzleramtsminister muss im Bundestag Rede und Antwort stehen Abgeordnete nehmen Helge Braun in die Mangel

Berlin · Merkels Kanzleramtsminister stellt sich dem Bundestag – dabei hat er so seine Probleme. Besonders beim Thema Corona-Management.

 Kanzleramtsminister Helge Braun musste sich im Bundestag auch unangenehmen Nachfragen der Abgeordneten stellen.

Kanzleramtsminister Helge Braun musste sich im Bundestag auch unangenehmen Nachfragen der Abgeordneten stellen.

Foto: picture alliance / Flashpic/Jens Krick

Seine Talkshow-Auftritte und Interviews sind deutlich weniger geworden. Vielleicht auch, weil der Frust über Helge Braun (CDU) und sein Corona-Management in den letzten Monaten gestiegen ist – unter den Ministerpräsidenten, bei den Abgeordneten im Bundestag, denen der Kanzleramtsminister am Mittwoch in der Fragestunde Rede und Antwort stehen musste. Danach war klar, warum sich die Stimmung auch gedreht hat: Helge Braun ist Angela Merkels Erklärer, der immer seltener durchdringt. Selbst Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) musste ihn ermahnen.

Zu Beginn der Pandemie im März letzten Jahres war das noch anders. Da war der heute 48-Jährige auf allen Kanälen unterwegs, sicher und bestimmt vertrat er die Corona-Maßnahmen der Regierung. Er warb um Verständnis und Zustimmung. Beides bekam er. Doch dann drehte sich der Wind, die Länder kündigten den gemeinsamen Kurs auf. Nicht zuletzt, weil Braun mit seinen vielen Regulierungs-Vorlagen für die Ministerpräsidentenkonferenzen immer öfter für Verwirrung und Ärger gesorgt hatte – auch unter den Bürgern.

Das Impfchaos, der Dauer-Lockdown, das Hin und Her bei den Öffnungen, Höhepunkt war die von ihm erfundene „Osterruhe“ in der nächtlichen Sitzung der Regierungschefs Mitte März. Dafür musste sich die Kanzlerin entschuldigen. Im Parlament meinte der Hesse am Mittwoch, man müsse in den „nächsten Wochen so eine klare Politik machen“, dass es am Ende für die Bevölkerung kein großes Ansteckungsrisiko mehr gebe. Genau an dieser klaren Politik hatte es zuletzt gefehlt, wie auch viele Abgeordnete befanden. „Planlos, ratlos, mutlos“, lautete kürzlich sogar aus der Union ein Vorwurf gegen den Kanzleramtschef.

Gleich auf die erste Frage im Bundestag gab es vier Nachfragen. Nun gehört es zum politischen Spiel der Fragestunde, das Regierungsmitglied zu ärgern. Aber der Minister, der ohnehin kein eloquenter Redner ist, verhedderte sich in Stufenschemata, Inzidenzen, Verhältnismäßigkeiten. „Warum dürfen Bücher verkauft werden, aber Lampen nicht? Warum Blumen, Schuhe aber nicht?“, lauteten Fragen aus der AfD. „Also, zunächst einmal ist es so, dass das Ziel von den einschränkenden Maßnahmen immer ist, die Zahl der Kontakte in der Gesellschaft zu reduzieren“, holte Merkels Vertrauter weit aus. Am Ende blieb er die konkrete Antwort aber schuldig.

Und das öfter. Warum es in Deutschland anders als in anderen Ländern keine Corona-Impfung für Schwangere gebe, wollte eine FDP-Abgeordnete wissen, zumal immer mehr Betroffene auf den Intensivstationen liegen würden. Braun: „Also, das ist in der Tat ein sehr sensibles Thema.“ Erneut antwortete er lang, um dann lediglich die Botschaft zu setzen, eine hohe Impfquote schütze. Irgendwann wurde es selbst Bundestagspräsident Schäuble zu bunt: „Herr Minister, eigentlich ist die Zeit zur Beantwortung der Fragen auf 60 Sekunden begrenzt.“ Das stimmt: Nach 30 Sekunden leuchtet die Ampel im Bundestag gelb, nach 60 Sekunden rot. „Wenn mir eine Ja-Nein-Nachfrage gestellt wird, fiele es mir vielleicht leichter“, erwiderte Braun gutmütig lächelnd.

Der Mann aus Gießen ist halt Naturwissenschaftler, er hat Medizin studiert, einen Doktortitel gemacht, in den Details kennt er sich aus. Da er zu Beginn seiner Befragung über die Digitalisierung referierte, wurde er gefragt, ob die Digitaloffensive der Regierung auch das Fax-Zeitalter in deutschen Behörden beenden werde. „Also aus meiner Sicht, ich brauche heute schon kein Fax mehr“, antwortete Braun. Ausnahmsweise mal kurz und knapp.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort