Rohstoffknappheit könnte zu Preisanstieg führen „Die Bierversorgung ist gesichert“

Interview · Fehlende Rohstoffe und immer mehr Lieferengpässe - vieles ist teurer geworden. Und nun auch noch das: Die Bierpreise werden laut dem Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauerbundes, Holger Eichele, wohl anziehen. Die gute Nachricht: Trotz Rohstoffknappheit ist die Versorgung gesichert.

 Trotz Corona wurde weniger Bier getrunken. Nun könnte die Rohstoffknappheit das Bier teurer machen, so der Brauerbund.

Trotz Corona wurde weniger Bier getrunken. Nun könnte die Rohstoffknappheit das Bier teurer machen, so der Brauerbund.

Foto: dpa/Christophe Gateau

Herr Eichele, in vielen Branchen gibt es Rohstoffmängel und Lieferengpässe. In ihrer auch?

Eichele Immer mehr Bereiche der Lebensmittelindustrie befinden sich im Ausnahmezustand. Auch Getränkehersteller sind gegenwärtig massiv von der Verknappung und Verteuerung einzelner Komponenten und Rohstoffe betroffen. Das reicht von Paletten und Kartonagen über Bierdeckel und Kronkorken bis hin zu Dosen und Mehrwegflaschen.

Wie wird sich das auf die Entwicklung der Bierpreise in den nächsten Monaten auswirken?

Eichele In der gesamten Branche sind die Kostensteigerungen auf vielen Feldern so massiv, dass sie sich über kurz oder lang wahrscheinlich auf die Preise auswirken werden. Teilweise gibt es langfristige Lieferverträge für einzelne Rohstoffe, die Effekte sind dann deutlich später zu spüren. Aber jedes Unternehmen ist unterschiedlich aufgestellt und muss das für sich kalkulieren.

Aber die Versorgung ist gesichert?

Eichele Was Bier betrifft, kann ich Sie beruhigen: Die Versorgung ist gesichert. Aber wir beobachten mit wachsender Sorge wachsende Knappheit und extreme Preissprünge bei einzelnen Rohstoffen. Vor allem Braugerste ist derzeit teuer und knapp: Auf Jahressicht sind die Preise um etwa 50 Prozent gestiegen. Die Erzeugung von Malz ist energieintensiv. Mit steigenden Energiekosten, wie wir sie derzeit erleben, steigen also auch die Kosten für Malz.

Hat Corona den Bierkonsum ansteigen lassen?

Eichele Nein, ganz im Gegenteil. Für die Brauwirtschaft ist die Corona-Krise ein kräftiger Schlag ins Kontor. 2020 haben die deutschen Brauereien 5,5 Prozent weniger Bier abgesetzt – aktuell stehen wir für dieses Jahr ebenfalls bei einem Minus von knapp sechs Prozent gegenüber dem schlechten Vorjahr. Diese Zahlen spiegeln die Dramatik aber nur unzureichend wider: Besonders Brauereien, die stark von der margenstärkeren Gastronomie und von Festveranstaltungen abhängig sind, haben noch immer sehr zu kämpfen. Die Betriebe werden Jahre brauchen, bis sie sich einigermaßen von den Folgen der Pandemie erholt haben.

Kommt denn die Gastronomie langsam wieder auf die Beine – oder fehlen zu viele Fachkräfte?

Eichele Die Umsatzverluste von Gaststätten, Kneipen und Hotels haben sich zwar über den Sommer etwas abgeschwächt, aber die Branche steht nach wie vor unter hohem Druck. Wie auch die Brauwirtschaft ist die Gastronomie weit entfernt vom Niveau der Vorkrisenjahre. Der akute Personalmangel ist in der Tat ein großes Problem. Immer mehr Gaststätten und Hotels sind nicht in der Lage, geeignete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden, und müssen deshalb zusätzliche Ruhetage einlegen. Das ist eine absurde Situation: Über Monate durfte die Gastronomie nicht öffnen – und jetzt könnten die Betriebe endlich aufmachen, aber es fehlt am Personal.

Was erwarten Sie dann von der neuen Regierung?

Eichele Die Brauwirtschaft wurde besonders hart getroffen von der Corona-Krise. Die neue Bundesregierung darf keine Zeit verlieren. Statt über zusätzliche Regulierung und weitere Abgaben zu diskutieren, muss jetzt alles darangesetzt werden, eine rasche Erholung der von der Krise besonders betroffenen Branchen zu unterstützen. Verlässlichkeit und Vertrauen sind die entscheidende Währung für Wachstum. Ob beim Klimaschutz oder in der Steuerpolitik: Nur wenn es Planungssicherheit gibt, können Betriebe die Weichen stellen für Investitionen und Innovationen.

(has)
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