Habeck, Söder, AKK & Co. Mitten in der Formkrise

Berlin · Vier Monate vor der Bundestagswahl schwächeln einige Spitzenpolitiker. Warum?

In der Formkrise: Habeck, Söder, AKK & Co.
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Schon jetzt ist eine Formkrise riskant, obwohl es bis zur Bundestagswahl noch vier Monate sind und der Wahlkampf gerade erst an Fahrt gewinnt. Fehler können jedoch nachwirken. Vor allem fünf Spitzenpolitiker stecken derzeit im Leistungstief. Wer und warum?

Robert Habeck: Der Kompagnon der grünen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock, die nun selbst in den Fokus der Kritiker rückt, hat seine Trauer, nicht selbst Kandidat geworden zu sein, offenbar noch nicht verwunden. Habeck sind einige Fehler unterlaufen. Es begann mit seinen ungeschickten Äußerungen zu den eigenen Ambitionen; dann bezeichnete er das von den Grünen angestrebte Verbot von Kurzstreckenflügen als „Symbolpolitik“ – und nun warb Habeck für Waffenlieferungen an die Ukraine, was nicht der Linie seiner Partei entspricht. Baerbock gerät dadurch zusätzlich in die Defensive. Das Friede-Freude-Verhältnis der beiden bekommt Risse. Vielredner Habeck könnte im Wahlkampf zum Unsicherheitsfaktor werden.

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Markus Söder: Auch beim FC Bayern trifft Robert Lewandowski nicht immer ins Tor. Die Sticheleien des CSU-Chefs gegen den Unions-Kanzlerkandidaten Armin Laschet haben zwar nachgelassen, weil sie jegliche Wirkung verfehlt haben und Laschet einen Aufwärtstrend erfährt. In Berlin glaubt aber keiner mehr, dass Söder in der K-Frage seine zweite Chance suchen wird, falls die CDU bei den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt am 6. Juni eine Schlappe einfahren sollte. Söder, so ist zu hören, habe den Bogen überspannt, Laschet indes in vielen Sitzungen überzeugt. Der CSU-Mann steckt zwar nicht in einer echten Formkrise, weil er sich selbst für toll hält. Ein Stürmer ist er derzeit aber nicht.

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Norbert Walter-Borjans: In der SPD haben sie zuletzt die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, nachdem sich der Parteichef zum Nahost-Konflikt geäußert hatte. Im Gegenzug für deutsche Waffenlieferungen an Israel forderte der Genosse ein politisches Mitspracherecht ein – eine Welle der Kritik rollte danach über Walter-Borjans hinweg. Kanzlerkandidat Olaf Scholz läuft im Wahlkampf Gefahr, dass seine beiden Parteichefs, also auch Saskia Esken, die Linie für die politische Mitte verlassen. Scholz will um sich herum kein Team bilden, alles soll auf ihn zugeschnitten werden. In der Partei wird geunkt, dadurch wolle er eine stärkere Einbindung der beiden Vorsitzenden verhindern.

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Annegret Kramp-Karrenbauer: Die CDU-Frau will für den Bundestag kandidieren und möglichst Verteidigungsministerin bleiben. Ihr Vorteil: Kanzlerkandidat Armin Laschet sucht nach weiblichem Personal für die Zeit nach einer gewonnenen Wahl. Doch die Saarländerin steckt gerade in einer veritablen Formkrise: Sie wollte sich augenscheinlich mit einer Großreform der Bundeswehr für eine zweite Amtszeit empfehlen, doch der Schuss ging nach hinten los. Selbst aus den eigenen Reihen hagelte es massive Kritik. Der Tenor: Ein so einschneidendes und mit viel Ärger verbundenes Vorhaben könne man nicht zum Ende der Legislaturperiode übers Knie brechen. AKKs weitere Verwendung ist offen.

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Susanne Hennig-Wellsow: Die neue Co-Vorsitzende der Linkspartei hat zuletzt vor allem mit einem Attribut geglänzt: Unkenntnis. So konnte sie nicht beantworten, bei wie vielen Kampfeinsätzen die Bundeswehr aktiv ist, sie forderte aber, alle zu beenden. Dann kam sie in Sachen Finanzpolitik arg ins Schlingern, als es darum ging, den Linken-Vorschlag einer Vermögensabgabe zu erklären. Es heißt zwar, Hennig-Wellsow könne viel aushalten, was sie in Thüringen bei der Auseinandersetzung mit AfD-Mann Björn Höcke gezeigt habe. Doch mancher bei den Linken befürchtet bereits, dass der Sprung von der Landes- in die Bundespolitik für sie eine Nummer zu groß gewesen sein könnte.

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