Berlin In der Atommüll-Endlagersuche startet die öffentliche Beteiligung

Berlin · In der seit Jahren hoch umstrittenen Suche nach einem Atommüll-Endlager in Deutschland startet an diesem Freitag das erste gesetzlich vorgeschriebene Beteiligungsformat. Bei der „Fachkonferenz Teilgebiete“ soll der erste Zwischenbericht zur Endlagersuche der zuständigen Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) erörtert werden.

  Bei der Suche nach einem Endlager für hochradioaktive Abfälle in Deutschland ist der Salzstock Gorleben in Niedersachsen fast komplett aus dem Rennen.

Bei der Suche nach einem Endlager für hochradioaktive Abfälle in Deutschland ist der Salzstock Gorleben in Niedersachsen fast komplett aus dem Rennen.

Foto: dpa/Philipp Schulze

Die öffentliche Beteiligung wird von vielen Seiten begrüßt. Dennoch dürfte der Prozess die Kontroverse um die dauerhafte Lagerung hochradioaktiver Abfälle erneut entfachen. Bereits die Veröffentlichung der Zwischenergebnisse Ende September 2020 hatte für heftigen Streit gesorgt.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) sieht in der Beteiligung die Möglichkeit, die Akzeptanz für die Endlagerung zu erhöhen. „Das Verfahren bietet die Chance, zu einer von der breiten Bevölkerung akzeptierten und mitgetragenen Entscheidung für einen Endlagerstandort zu kommen“, sagte Schulze unserer Redaktion. Alle „staatstragenden Parteien“, der Bundestag und alle 16 Bundesländer hätten diese Suche „gemeinsam beschlossen“, so Schulze. Grünen-Chef Robert Habeck räumte ein, dass der Weg zum atomaren Endlager nicht einfach sein werde. „Viele Menschen haben Zweifel, Ängste, Bedenken. Größtmögliche Transparenz muss die Antwort auf das Misstrauen sein“, sagte Habeck.

An den Beteiligungsverfahren können sich grundsätzlich alle Interessierten mit Fragen, Hinweisen und Kritik zur Endlagersuche einbringen. Die Ergebnisse sollen innerhalb eines Monats nach dem letzten Beratungstermin Mitte Juni dieses Jahres an die mit der Endlagersuche beauftragte BGE übermittelt werden. Dabei stellt sich die Frage, welchen Beitrag diese Ergebnisse in einem Prozess leisten können, der primär auf wissenschaftlichen Grundlagen beruhen soll. Die BGE teilt mit, sie werde die Konferenzergebnisse inhaltlich prüfen und „dort übernehmen, wo es nach fachlichen Gesichtspunkten notwendig ist“. „Sollte die BGE Hinweise der Fachkonferenz nicht berücksichtigen, wird sie dies begründen“, sagte Stefan Studt, Vorsitzender der BGE-Geschäftsführung.

Aus dem Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE), das die Fachkonferenz organisiert, ist zu hören, dass die breite Beteiligung eine Lehre aus früheren Erfahrungen mit Endlagervorhaben sei. „Nur so besteht die Chance, dass die Region, in dem das Endlager am Ende liegen wird, nachvollziehen kann, warum ihr Ort aus Sicherheitsbetrachtungen heraus in die engere Wahl gekommen ist“, teilt BASE-Sprecher Christoph Hamann mit. Die Bekanntgabe der Zwischenergebnisse zur Endlagersuche im Herbst vergangenen Jahres hatte für reichlich Kritik gesorgt. Die BGE hatte damals 90 Gebiete in Deutschland ausgewiesen, die nach geologischen Kriterien grundsätzlich geeignet seien für ein Atomendlager – ein Großteil des Bundesgebietes. Der lange umkämpfte Salzstock Gorleben in Niedersachsen ist aus der Suche herausgefallen. Großen Streit gab es auch um die Skepsis aus Bayern gegenüber den Zwischenergebnissen. Im Koalitionsvertrag der bayerischen Staatsregierung ist festgehalten, dass Bayern kein geeigneter Standort für ein Endlager sei.

Umweltministerin Schulze zeigte sich nun überzeugt, dass man sich in Deutschland der “gemeinsamen Verantwortung“ gegenüber der heutigen Bevölkerung und kommender Generationen bewusst sei. „Dies gilt insbesondere auch für Landespolitikerinnen und -politiker mit Regierungsverantwortung“, sagte Schulze. Grünen-Chef Habeck sagte, er erwarte von allen politischen Akteuren, sich bei der Endlagersuche nicht wegzuducken. „Denn nur so wird es uns gelingen, Vertrauen und Akzeptanz herzustellen und den Atommüll am Ende endgültig unter die Erde zu kriegen.“ Habeck kritisierte dabei explizit die bayerische Positionierung. „Ich halte es für fatal, dass Bayern sich aus dem Rennen zu nehmen versucht“, so Habeck. „Von einem Ministerpräsidenten würde ich erwarten, dass er sich in einen ohnehin komplexen Prozess konstruktiv und die gesamtstaatliche Verantwortlichkeit betrachtend einbringt.“

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